Die Soldaten des Lichts

Filmplakat »Soldaten des Lichts«.

Ein Film zeigt das Innenleben des Königreich Deutschland im Rhein-Main-Gebiet

Zusammenfassung des Artikels

Im August 2025 kam der Film »Soldaten des Lichts« in die Kinos. Die Filmemacher Julian Vogel und Johannes Büttner begleiteten ProtagonistInnen der rechten Sekte Königreich Deutschland (KRD) von 2022 bis 2024 mit der Kamera. Der Film bietet tiefe Einblicke ins KRD im Rhein-Main-Gebiet und ist absolut sehenswert.

Das KRD zählt zum Spektrum der Reichsbürger und Selbstverwalter. Ihre hiesige Zentrale ist ein Haus in Bad Vibel-Massenheim.

Der Frankfurter David Ekwe-Ebobissé ist ein bekannter Vertreter des KRD. Er hängt dem QAnon-Mythos und der Germanischen Neuen Medizin an, vertreibt esoterische Produkte, ist Influencer und nennt sich »Heiler«. Um sich baut er ein System von Herrschaft und Abhängigkeit.

Der zweite Hauptprotagonist des Films ist Timo, ein psychisch schwer angeschlagener Mann, der in der Sekte ausgebeutet wird. Timo starb 2024 wenige Monate nach Ende der Dreharbeiten im Alter von 39 Jahren.

Antisemitische Verschwörungsmythen sind fester Bestandteil im KRD-Glaubenssystem. Serjosha Becht, ein KRD-Aktivist aus dem Odenwald, der nach eigenen Worten Mitglied der AfD ist, sagt vor der Kamera: »Ich hab sehr viel gelesen über den Holocaust, viele Bücher, auch von Amerikanern oder von Häftlingen, die ein Buch geschrieben haben, und also, es stinkt zum Himmel, was hier erzählt wird.«

Im April 2025 erließ das Bundesministerium des Innern eine Verbotsverfügung gegen das KRD und etliche seiner Teilorganisationen. Verboten wurde u.a. der Verein Lebensglück e.V., der in Darmstadt eingetragen ist und seinen Vereinssitz in Bad Vilbel hat.

Laut den Verlautbarungen der Behörden fanden beim Vollzug des Verbotes am 15. Mai 2025 keine »Vollstreckungsmaßnahmen« in Hessen statt. Es ist ein wohl einmaliger Vorgang, dass das BMI einen Verein verbietet und beim Vollzug des Verbots der Vereinssitz und die Wohnung der beiden Vorsitzenden unbehelligt bleiben.

Bisher sind die hessischen Behörden nicht gezwungen, ihr Vorgehen beim Verbot des KRD zu erklären. Es ist zu wünschen, dass eine kritische Öffentlichkeit dafür ähnliches Interesse aufbringt wie für den verdienstvollen Film »Soldaten des Lichts«.

»Soldaten des Lichts« heißt ein Film, der im August in die Kinos kam und von der rechten Sekte Königreich Deutschland (KRD) im Rhein-Main-Gebiet handelt. Das KRD lässt sich in viele Kategorien einordnen: Reichsbürger und Selbstverwalterinnen, Corona-Leugnerinnen und Impfgegner, Verschwörungsgläubige und Antisemitinnen, Gesundheitsfanatiker und Scharlatane, Betrügerinnen und Hochstapler, Esoterik-Unternehmerinnen und Kapitalisten. Dass all dies im KRD ein geschlossenes System bildet, ist schon in manchem Artikel beschrieben. Doch bietet der Film neue interessante Einblicke in den Kern der Gruppe. Obgleich das KRD im Mai 2025 vom Bundesinnenministerium verboten wurde, hat der Film nichts an seiner Brisanz eingebüßt. Der Zusammenhang des KRD besteht fort und seine Angehörigen sind weiterhin im Esoterik- und Gesundheitsbusiness aktiv.

Eine zentrale Figur des Films ist der Frankfurter David Ekwe-Ebobissé, ein bekannter Vertreter des KRD im Rhein-Main-Gebiet. Er ist YouTube-Influencer und nennt sich Ernährungsberater, Gesundheitscoach und Heiler. Unter den Namen »Mister Raw« und »Doctor Raw« vertreibt er vegane Nahrungsmittel und esoterische Produkte. Er gibt sich als Experte für Rohkost-Ernährung aus, daher der Name »Raw« (roh). Rhein-Main Rechtsaußen und die Initiative Aufklärung statt Verschwörungsideologien (ASVI) haben mehrfach über ihn berichtet, letztmals im Mai dieses Jahres. Eine Liste der Beiträge findet sich am Ende dieses Artikels.

David Ekwe-Ebobissé tritt auf esoterischen Kongressen und Messen als »Gesundheitsexperte« und Aussteller in Erscheinung. Das Foto zeigt ihn (hinten, MItte) mit AnhängerInnen auf der Messe Rohvolution im September 2024 in Speyer. Quelle: Facebook

In Frankfurt wurde das KRD bekannt, als es Ende 2022 über seinen Tarnverein Lebensglück e.V. ein Lokal im Stadtteil Riederwald anmietete und zu seinem Treffpunkt machte. Dort eröffnete Ekwe-Ebobissé sein Restaurant Rohkosteria. Massive Proteste der Anwohnenden führten dazu, dass das Projekt schon nach einem halben Jahr aufgegeben werden musste. Das KRD verlagerte sich in ein Haus in Bad Vilbeler Stadtteil Massenheim. Hier finden seitdem Treffen statt, von hier aus laufen die Versandgeschäfte von Mister Raw und des Unternehmens Elfenbox, das von der Hausbewohnerin Marielene Nicolai betrieben wird.

In dem Film kommen neben Ekwe-Ebobissé bekannte Personen des KRD ins Bild und zu Wort. Unter anderem Anna Bischmann aus Idstein, die seit Jahren an der Seite von Ekwe-Ebobissé steht; Jens Becker, der im KRD-Haus in Bad Vilbel wohnt und neben Ekwe-Ebobissé eine führende Figur der Rhein-Main-Gruppe ist; Daniel Kaspar, der in der Rohkosteria im Riederwald mitarbeitete und Kräuterwanderungen anbietet; oder Sabrina Ripke aus Ober-Ramstadt (Lkr. Darmstadt-Dieburg), die 2025 ein Gesundheitsnetzwerk Odenwald gründete.

Der schmale Grat des Dokumentarfilms

»Soldaten des Lichts« ist ein reiner Dokumentarfilm. Er kommentiert nicht, ordnet nicht ein, wertet nicht, sondern lässt die Protagonistinnen ausführlich zu Wort kommen. Die Kamera begleitet sie von Mitte 2022 knapp zwei Jahre lang. Das Konzept ist ein Balanceakt. Der Glaube, dass sich Personen selbst entlarven, wenn man sie nur lange genug Unsinn reden lässt, setzt voraus, dass die Zuschauenden in der Lage sind, dies zu erkennen. Doch darauf ist im postfaktischen Zeitalter, wo in den Weiten des Internets jede Person ihre eigene Wahrheit verkündet, immer weniger zu hoffen.

Den Filmemachern Julian Vogel und Johannes Büttner war bewusst, auf welch schmalem Grat sie sich bewegten. Sie lassen die Szenen und Aussagen wirken und verzerren sie nicht durch schnelle Schnitte und dramaturgische Effekte. Dabei halten sie Distanz zu den ProtagonistInnen, folgen nicht deren Anweisungen, sondern bestimmen selbst, was sie zeigen. Sinnbildlich dafür steht eine Szene, in der David Ekwe-Ebobissé Timo vorführt. Timo ist ein psychisch schwer angeschlagener Mann, der dringend professionelle Hilfe bräuchte. Ekwe-Ebobissé hält ihn als seinen Diener. In einer Szene protzt er damit, dass Timo von der guten Ernährung im KRD einen Six-Pack-Bauch bekommen habe und nötigt ihn, sein Shirt zu heben und diesen vorzuzeigen. Doch die Kamera schwenkt nicht nach unten, sondern bleibt an Timos Gesicht haften, auf dem keine Spur von Stolz zu erkennen ist. Auch das Filmplakat zeigt Timo, wie er – erschöpft und weggetreten – beim Umzug des Lebensglück-Vereins auf einem Stuhl hinten im geschlossenen Lieferwagen mitfahren muss. Er hatte im KRD kein Lebensglück.

Das Haus in Bad Vilbel-Massenheim ist seit 2023 Treffpunkt des Königreich Deutschland. © Rhein-Main Rechtsaußen
Im Garten des Hauses in Bad Vilbel sammelt die KRD-Aktivistin Anna Bischmann Wildkräuter. Quelle: »Soldaten des Lichts«, © Wood Water Films & Patatino, ZDF Kleines Fernsehspiel

»Heiler« und »Gesundheitscoach«

In einer der ersten Szenen des Films huscht David Ekwe-Ebobissé mit dem Handy hin und her. Er berät eine Person, die an Krebs leidet und der es nach eigenen Worten »sehr, sehr schlecht« geht. Er sagt ihr: »Du bist gerade mitten in der Entgiftungsphase, dein Körper stellt sich um«. Das lässt vermuten, dass die Person auf sein Anraten hin eine Chemotherapie abgebrochen hat. »Doctor Raw« ist ein Anhänger der Germanischen Neuen Medizin, wo Chemotherapien wie auch Impfungen strikt abgelehnt werden, da man diese als Gift einer »verjudeten« Schulmedizin ansieht. Stattdessen empfiehlt er der schwer kranken Person »Wildkräutersäfte sammeln« und sich zur Entspannung auf die Vitorimatte legen. Das ist eine um 2.000 Euro teure elektrische Heizmatte, der im Esoterikbusiness wundersame Heilkräfte angedichtet werden. Sie wird im Versand von Mister Raw als »Partnerprodukt« beworben.

Ekwe-Ebobissé hat enormes Sendungsbewusstsein. Am 26. Juli 2025 ging die Pilotfolge seines neuen YouTube-Formats »DocRaw-Podcast« online. Die Moderatorin leitet mit der Frage ein: »Wer ist David heute?«. Schon sprudelt es aus ihm heraus. Er sei »Gesundheits-Aktivist« und helfe Menschen, gesünder zu werden, »mache würden Heiler dazu sagen, andere würden sagen Unterstützer, Helfer, Coach, Potentialentfaltungs-Experte«. Tatsächlich hat »DocRaw« keinerlei medizinische Fachkenntnisse.

In der YouTube-Sendung Welt der Gesundheit tritt er regelmäßig als Experte für alles Mögliche auf. Die Sendung wird von Jana Witschetzky gemacht, einer Stadträtin der AfD im sächsischen Meißen, die darin so ziemlich alles vorstellt, was Esoterik an Heilsversprechen bietet. Titel wie »Hochfrequenz trifft Zirbeldrüse: DEIN Schlüssel zu Weisheit und Gesundheit« werden immerhin 5.000 mal aufgerufen. Von Januar 2022 bis November 2023 präsentierten Witschetzky und Ekwe-Ebobissé über 60 Sendungen der Reihe »Bewusst Kochen«, ein YouTube-Kochstudio für RohköstlerInnen. In mehreren Folgen kochte das KRD-Mitglied Daniel Kaspar mit. Er nennt sich »Coach für ganzheitliche Gesundheit« und war neben Ekwe-Ebobissé eine zentrale Figur der Rohkosteria in Frankfurt-Riederwald.

Jana Witschetzky von der AfD 2023 in ihrem YouTube-»Kochstudio« zusammen mit David Ekwe-Ebobissé und Daniel Kaspar. Quelle: YouTube

Der Menschenfänger

Für einen Menschenfänger wie Ekwe-Ebobissé kam die Corona-Pandemie wohl wie ein Sechser im Lotto. Viele Menschen befiel Endzeitstimmung, Esoterik und Verschwörungsmythen bekamen Hochkonjunktur. Der Sektenführer ködert seine AnhängerInnen mit anfänglichem Charme und einem Schwall Pseudo-Weisheiten. Dabei nutzt er die gängigen Psychotricks. Er verspricht ihnen Gemeinschaft, Erfolg und ein neues Leben, ist streng und sanft, stößt weg und umarmt, erniedrigt und motiviert. Er erzählt die Geschichte der bevorstehenden Apokalypse und der darauf folgenden Erlösung, die den »Erwachten« und Auserwählten seines Stammes zuteil kommen werde. In seiner Wohnung in Frankfurt führt er an seinem AnhängerInnen sogenannte Bioscans durch, eine angebliche Messung von Gesundheitsdaten. Er doktert und psychologisiert an ihnen herum und führt damit nur eins im Schilde: in ihr Leben einzudringen, die Kontrolle über sie zu erlangen, sie gefügig zu machen. So baut er sein System von Herrschaft und Abhängigkeit.

Im November 2024 wurden in Tübingen zwei Manager einer Firma, die Bioscan-Geräte vertrieben hatten, wegen gewerbsmäßigen Betrugs und Verstößen gegen das Heilmittelwerbegesetz zu Geld- und Bewährungsstrafen verurteilt. Tests hatten gezeigt, dass das Gerät nicht zwischen Mensch und Leberkäse unterscheiden konnte und einer Leiche beste Gesundheit bescheinigte. Sie hatten mit dem Betrug mehrere Millionen Euro verdient.

Das Bioscan-Gerät kann nicht zwischen Mensch und Leberkäse unterscheiden. In einem Video von 2022 führt Ekwe-Ebobissé einen »Bioscan« bei Christian Wenzel durch. Wenzel tritt unter dem Namen »Mr. Broccoli« als »Gesundheitscoach« auf und vertreibt von Glattbach (bei Aschaffenburg) aus esoterische und vegane Produkte. Er wird vom Unternehmen Mister Raw als »Produktpartner« genannt. Quelle: YouTube

Timo ist ein Untergebener von »Doctor Raw«. Der hat ihm einen strengen Ernährungsplan aus Rohkost und Fasten auferlegt. Im Film erzählt Timos Mutter, wie er zu Beginn der Pandemie in die Krise geriet. Er sei auf Corona-Proteste gegangen und habe sich dort Personen angeschlossen, die ihn in den Sog der Fake-News und Verschwörungserzählungen hinein zogen, bis er eine schwere Psychose entwickelte. Timo macht die Drecksarbeit in der Rohkosteria im Riederwald und wird angemahnt, schneller zu arbeiten. Geld erhält er nicht, stattdessen rechnet ihm Ekwe-Ebobissé vor, wie viel es koste, ihn zu ernähren und unterzubringen. Timo soll glauben, tief in seiner Schuld zu stehen. Zu seiner Familie hält Timo kaum noch Kontakt. In einer späteren Einstellung sagt er, er habe kein Geld gehabt und den ganzen Tag arbeiten müssen, er habe sich bei ihr gar nicht melden können.

In einer Szene chauffiert Timo den Sektenboss, der im Fond sitzt und Sprachnachrichten an GeschäftspartnerInnen sendet. Die Fahrt geht zu »Josh«, einen weiteren Aktivisten des KRD.

Der Auschwitzleugner

»Josh« heißt Serjosha Becht und betreibt eine Autowerkstatt in Brensbach im Odenwald, die ein »Betrieb im KRD« ist. Er erzählt, dass er über den Glauben an Gott zum KRD gefunden habe. Auch sei er bei Corona-Protesten in Berlin dabei gewesen. In seiner Werkstatt hängt eine Fahne des KRD, hier führt er eine »Filiale« der Gemeinwohlkasse des KRD, über die Zahlungen an die Zentrale in Wittenberg (Sachsen-Anhalt) abgewickelt werden. Becht sagt: »Ich bin nicht rechts, ich bin nicht links, ich bin Mitte, aber eher rechts, weil das von Recht kommt.« »Links« wiederum entstamme dem Begriff »link«. Er beschwert sich, dass rechts sein gleichgesetzt werde mit Holocaust-Leugnung. Eine Filmsequenz später ist Becht in Bad Vilbel zu Besuch. Er erzählt, »das System« sei »einfach nur krank« und deswegen sei er in die AfD eingetreten. Als das Gespräch auf die deutsche Geschichte kommt, sagt er : »Ich hab sehr viel gelesen über den Holocaust, viele Bücher, auch von Amerikanern oder von Häftlingen, die ein Buch geschrieben haben, und also, es stinkt zum Himmel, was hier erzählt wird.«

Serjosha Becht 2021 in einem Telegram-Kanal der Königreich Deutschland. An der Wand seiner Autowerkstatt hängt die KRD-Fahne. Quelle: Telegram

Auf der Online-Pinnwand Pinterest findet sich eine Seite von Serjosha Becht. Fotos weisen darauf hin, dass er an den Mythos der »Flat Earth« glaubt, wonach die Erde eine Scheibe sei, Neben einem Zitat des Dalai Lama stehen etliche Fotos von Panzern und Wehrmachtssoldaten sowie die Konterfeis von Adolf Hitler und Martin Bormann.

Heute ist die KRD-Fahne in der Autowerkstatt von Serjosha Becht abgehängt, nach dem Verbot des KRD im Mai ist das öffentliche Zeigen des Symbols verboten. An ihrer Statt hängt nun die Fahne des bis 1918 existierenden Großherzogtums Hessen, auf das sich viele Reichsbürger beziehen.

Der Geistheiler

Ekwe-Ebobissé betreibt den YouTube-Kanal Mister Raw, auf dem er seine Produkte bewirbt und Interviews mit bekannten Personen seiner Szene veröffentlicht.

Das Filmteam begleitet ihn in ein Hotel in der Schweiz, wo er mit Oliver Brecht verabredet ist. Brecht war im Multi-Level-Marketing tätig und verkaufte Wellness-Produkte, bevor er sich vor zehn Jahren als »Geistheiler Sananda« beruflich neu aufstellte. Er wirbt damit, dass er im gesamten Kosmos »energetisch vernetzt« sei und Geistheilungen deshalb per Telefon und Email durchzuführen könne. Darüber hinaus schreibt er »Bücher für Erwachte« und verbreitet Mythen über »Flat Earth«,und über reptilienhafte Wesen in Menschengestalt, sogenannte Echsenmenschen, die bereits 13% der Weltbevölkerung ausmachen würden.

Im Interview mit »Mr. Raw« erzählt er die übliche Geschichte von der bevorstehenden Endzeit, den Auserwählten, der neuen Phase des Daseins etc. pp. Nach dem Interview, derweilen die Kamera des Filmteams noch läuft, offenbart er Ekwe-Ebobissé lächelnd, dass er heute ein Vielfaches von dem verdiene als zu der Zeit, als er noch Oliver hieß. Kürzlich habe er seine Geistheilungspreise um das Dreifache angehoben. Er schüttelt dabei den Kopf, ganz so, als könne er seinen Erfolg selbst kaum fassen.

Im KRD tummeln sich selbsternannte »Heiler« und »Gesundheitscoaches« wie beispielsweise Peter Fitzek (links), der »König« des KRD, und der Leipziger Raik Garve (rechts). Garve tritt häufig auf esoterischen Kongressen auf. Quelle: »Soldaten des Lichts«, © Wood Water Films & Patatino, ZDF Kleines Fernsehspiel

Der Krypto-Prophet

Ein weiterer Interviewpartner von Mister Raw ist der aus Niederbayern stammende Daniel Keller. Der ist erst 30 Jahre alt, doch tritt er als »Krypto Mentor«, »Krypto Prophet« und »Bewusstseins Coach« auf. 2022 gründete er das Unternehmen Financial Freedom Unlimited Institute. In der Kryptoszene gilt er als Großkotz, der sich schlechte Beratung teuer bezahlen lässt. Er verachtet arme Menschen, weil er findet, dass diese an ihrer Situation selbst schuld seien. Mit ihm redet Ekwe-Ebobissé über Geldanlage in Kryptowährungen.

Bereits im Januar 2023 hatte Keller im Treffpunkt des KRD in Frankfurt-Riederwald über »Finanzielle Freiheit und Kryptos« referiert. Damals hieß er noch Daniel Hock und betrieb einen Telegramkanal, über den er Verschwörungsmythen über Impfungen streute und zur Teilnahme an einer Demonstration der neofaschistischen Identitären Bewegung aufrief. 2024 änderte er seinen Namen von Hock zu Keller.

Das Interview mit Ekwe-Ebobissé findet im KRD-Haus in Bad Vilbel statt. Bevor ihr Dreh beginnt machen sich die beiden über LGBTQ (bzw. über das, was sie dafür halten) lustig. Dass die zwei Filmemacher mit im Raum sind, schmeichelt Keller. Zuvor hatte er seinen Fans per Videobotschaft mitgeteilt, er sei von seinem »sehr, sehr guten Freund David« eingeladen worden, in einem Spielfilm mitzuwirken. Dabei hatten die Filmemacher keine Zweifel daran gelassen, einen Dokumentarfilm zu drehen.

Er verabschiedet sich und bevor er in einen schwarzen Sport-Mercedes steigt erzählt er, dass er eine Autofahrt von mehreren Stunden vor sich habe. Man versteht nur Wortfetzen: »linke Spur«, »330 Sachen«, »muss man schon fahren können.« Schnell ist zu erkennen: Es ist ein Mietwagen.

Daniel Keller und David Ekwe-Ebobissé im Interview. Keller wähnte sich als Darsteller in einem Spielfilm. Quelle: YouTube

Reichsbürger-Ideologie und Antisemitismus

Das KRD ist keine »klassische« Reichsbürgergruppe, da sie sich nicht auf ein angeblich noch bestehendes Deutsches Reich beruft. Doch hat sie wesentliche Teile der Reichsbürger-Ideologie verinnerlicht. Der Film dokumentiert ein Gespräch im Kreis im KRD, in dem Jens Becker das Wort führt. Dort reihen sich die bekannten »Argumente« und Schlagworte der Reichsbürger aneinander. Die »BRD« sei kein legitimer Staat, sondern eine Simulation, eine Firma, eine GmbH und als solche gar nicht berechtigt, Steuern zu erheben.

Was in der Gruppe hervor sticht, ist allgegenwärtiger Antisemitismus. Er äußert sich vor allem in Verschwörungsmythen, die fester Bestandteil des KRD-Glaubenssystems sind. Sie alle hängen der Germanischen Neuen Medizin an, die von dem fanatischen Antisemiten Ryke Geerd Hamer erfunden wurde, der die Schulmedizin als jüdisches Teufelswerk ansah. Nicht nur Ekwe-Ebobissé glaubt an den QAnon-Mythos, wonach eine geheime satanische Elite tausendfach Kinder entführt, rituell missbraucht und tötet. Peter Fitzek, der Sektenchef aus Sachsen-Anhalt, erzählt, dass die jüdische Organisation Chabad den Ukraine-Krieg dirigieren würde.

In den Freundeskreisen, die sich auf Telegram um Mr. Raw bilden, ist die angebliche jüdische Weltverschwörung beständiges Thema. Doch ist man sich nicht in den Fragen einig, ob die AfD, Donald Trump und Elon Musk nun die Welt retten werden oder ob auch sie Teil des »Systems« sind.

Im Menschenbild des KRD zeigt sich ein autoritärer und sozialdarwinistischer Charakter. Ein paar wenige Sektenobere, die sich zu Übermenschen erhöhen, nehmen sich das Recht, die unter ihnen stehenden zu beherrschen und hemmungslos auszubeuten. Gesund oder krank, stark oder schwach, arm oder reich, nützlich oder unbrauchbar, das sind die Kategorien, die im KRD zählen.

Im Telegram-Kanal Mr. Raw and Friends wimmelt es von antisemitischen Verschwörungserzählungen. Dort ist man sich nicht einig, ob Donald Trump, Elon Musk und die AfD die Welt retten werden oder ob sie zur »Marionettenebene« des »Systems« gehören. Quelle: Telegram

Geschäft und Glaube

QAnon, Flat Earth, Bioscans, Geistheilung per Email, bevorstehende Apokalypse …. Immer wieder stellt sich die Frage, ob die ProtagonistInnen des Films tatsächlich an das glauben, was sie erzählen und verkaufen. Und warum sie offensichtlich kein Unrechtsbewusstsein für ihre Betrügereien entwickeln. Glaube und Geschäft stehen dabei in einem Wechselverhältnis. Je mehr Zuwendung, Klicks und Profit sie mit ihren Enthüllungen und Heilsversprechen genieren, desto mehr verfestigt sich auch ihr Glaube daran. Je stärker sie wiederum an etwas glauben, umso überzeugender können sie ihre Kurse, Behandlungen und Produkte präsentieren.

Auf dem Marktplatz von Esoterik und Selbstoptimierung zählt ausschließlich der individuelle Erfolg. Das Business funktioniert strikt nach den Regeln des Kapitalismus und eine dieser Regeln lautet: Der Erfolg gibt immer Recht.

Doch lassen sich die Hierarchieverhältnisse im KRD nicht als bloße kapitalistische Ausbeutung deuten. Ihre Perfidie liegt darin, dass sie vorgaukeln, eine gemeinwohl- und bedürfnisorientierte Wirtschaftsform darzustellen, weswegen das KRD etliche Menschen aus Alternativmilieus anzieht. Doch auch im Versprechen von Heilung, Reinigung und Wiedergeburt liegt das faschistische Potential des KRD: Die Vorstellung, das derzeitige System sei von parasitär wirkenden Fremden durchdrungen, was eine reinigende, erlösende Wiedergeburt nötig mache, ist ein zentrales Element faschistischer Ideologien. Genau an dieser Stelle setzt das Menschenbild des KRD an.

MIster Raw und das Restaurant Purple Acai im Frankfurter Nordend bewerben sich gegenseitig. Im Purple Acai gibt es zudem Produkte aus dem Sortiment von Mister Raw zu kaufen, darunter angebliche »Superfoods« zu Fantasiepreisen. © Rhein-Main Rechtsaußen

Die Tragödie

Dass die Filmemacher Timo zum Hauptprotagonisten machen nimmt dem Film jede Komik. Zwar muss man spontan lachen, wenn Peter Fitzek im Kreis seiner Vertrauten minutenlang über seine wundersamen Erfolge in der »Spontanheilung« monologisiert und dann anmerkt: »Über solche Fähigkeiten verfüge ich halt. Aber ich häng’ das nicht an die große Glocke.« Doch taugt der Film nicht zur Freakshow, in der man sich an den Spinnereien der anderen ergötzt.

Vielmehr muss man mit ansehen, wie ein Mensch in den Fängen einer rechten Sekte zerfällt. Schließlich geben Büttner und Vogel ihre distanzierte Position auf. Als Timo die Sekte verlässt, begleiten sie ihn zu seinen Eltern nach Nordrhein-Westfalen, lassen diese zu Wort kommen, unterstützen sie bei der Suche nach Hilfsangeboten. Dass der Film in dieser Fassung erscheint, ist ausdrücklicher Wunsch der Eltern.

Im Abspann erfährt man, dass Timo im Jahr 2024 wenige Monate nach Ende der Dreharbeiten starb. Er wurde 39 Jahre alt. Zum dem Zeitpunkt wog der über 1,80 Meter große Mann nur noch 53 Kilo. Die Behörden untersuchen die Umstände seines Todes.

Marielene Nicolai und Daniel Kaspar aus dem Kreis des Königreich Deutschland bieten unter anderem Fastenwanderungen an.

Das Verbot, das in Hessen nicht ankam

Am 8. Mai 2025 wurde »Soldaten des Lichts« auf dem Dok.Fest in München erstmals in Deutschland aufgeführt. Sieben Tage später, am 15. Mai, wurde die Organisation Königreich Deutschland vom Bundesministerium des Innern (BMI) verboten. In das Verbot eingeschlossen sind 23 Teilorganisationen des KRD sowie 37 Webseiten und 49 Kanäle in Sozialen Medien, Messenger-Diensten und Videoportalen. Doch etliche verbotene Telegram-Kanäle des KRD wurden einfach umbenannt und werden bis heute ungestört weiterbetrieben.

Laut den offiziellen Verlautbarungen des BMI und anderer Behörden fanden am 15. Mai »Vollstreckungsmaßnahmen« in Baden-Württemberg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen statt. Hessen fehlt in der Auflistung. Das bedeutet, dass im Bundesland beim Vollzug des Verbots keine einzige Hausdurchsuchung stattfand – nicht bei Serjosha Becht in Brensbach, der über die verbotene Gemeinwohlkasse Gelder des KRD verwaltete; nicht bei Sabrina Ripke und Stefan Reim in Ober-Ramstadt, die über das verbotene Projekt LEUCHT-TURM Regionalstrukturen des KRD aufzubauen versuchten; nicht bei David Ekwe-Ebobissé und seiner Partnerin Elisa Barrui in Frankfurt-Seckbach, den beiden Vorsitzenden des verbotenen KRD-Vereins Lebensglück e.V.; und nicht im Haus Mittelweg 13 in Bad Vilbel-Massenheim, wo der Lebensglück-Verein ganz offiziell seinen Sitz hatte und das dem KRD als Treffpunkt dient(e).

Die Razzien bei Vollzug eines Verbotes zielen darauf, die Materialien des verbotenen Vereins zu beschlagnahmen: deren Propaganda, Vereinskleidung, Mitgliederverwaltung, Schriftverkehr, Konten und Kontobewegungen. Das unterblieb in Hessen offensichtlich. Es ist ein wohl einmaliger Vorgang, dass das BMI einen Verein verbietet und beim Vollzug des Verbots der Vereinssitz und die Wohnung der beiden Vorsitzenden unbehelligt bleiben.

Bisher sind die hessischen Behörden nicht gezwungen, ihr Vorgehen beim Verbot des KRD zu erklären. Es ist zu wünschen, dass eine kritische Öffentlichkeit dafür ähnliches Interesse aufbringt wie für den verdienstvollen Film »Soldaten des Lichts«.


Das Königreich Deutschland im Rhein-Main-Gebiet, 15. Mai 2025, über die Strukturen des KRD im Rhein-Main-Gebiet anlässlich des KRD-Verbots

Faule Geschäfte, 21. März 2025, über das Geflecht von Vereinen, Firmen und »Europäischen wirtschaftlichen Interessenvereinigungen« (EWIV) im Reichsbürger-Spektrum

Neue Dynamik in der Reichsbürgerszene, 24. Oktober 2024, unter anderem über den Verband Deutscher Wahlkommissionen und die Unterstützung der Angeklagten der Gruppe des Heinrich XIII. Prinz Reuß

Reichsbürger trainieren »Straßenkampf« im Odenwald, 8. Mai 2024, über ein Kampfsport-Seminar von Reichsbürgern in Lützelbach im Odenwaldkreis

Die Reichsbürger-Proteste in Darmstadt, 21. April 2024, über die Aktivitäten des Netzwerks Das große Treffen der 25+1 Bundesstaaten im Raum Darmstadt

Reichsbürger-Märchenland in Rodgau und Rödermark?, 16. August 2023, über die Reichsbürgerszene im Raum Rodgau und deren Verflechtung in Esoterik und Anthroposophie

»Reichsbürger«-Razzien als PR-Aktion, 25. Juli 2023, über die Razzien und Vorwürfe gegen die Gruppe des Heinrich XIII. Prinz Reuß

Reichsbürger sind mehr als nur Staatsfeinde: Extreme Rechte beim Namen nennen!, vom 22. Dezember 2022, über die Entpolitisierung des Königreich Deutschland durch die Behörden

Der Hokuspokus-Handel: Esoterik, Marketing und rechte Ideologien, vom 2. August 2022, u.a. über das esoterische Verlagswesen und verschwörungsideologische Geistheilerinnen im Rhein-Main-Gebiet

Der Professor des Sonnenvitamins und der Nebelkerzen, vom 19. April 2022, über die sogenannte Alternativmedizin am Beispiel des Mediziners Jörg Spitz und dessen Geschäft mit Vitaminen

Die Suche nach Seelen­heil und neuem Leben, 17. März 2022, über David Ekwe-Ebobissé und die Geschäfte und die Ideologie im Spektrum des Königreich Deutschland