Rechtes Buchhandels- und Verlagssterben

Aus dem Angebot des J.K. Fischer Verlags, Screenshot vom 4. April 2024. Kurz darauf wurde die Homepage des Verlags abgeschaltet.

Der J.K. Fischer Verlag mit Sitz in Gelnhausen ist offensichtlich in Auflösung. Der Verlag wurde 2009 gegründet und zählt(e) zur verschwörungsideologischen Truther-Szene. Er verbindet in seinem Programm Esoterik, Verschwörungsmythen und extrem rechte Ideologie. Im Verlag veröffentlichten Reichsbürger, AntisemitInnen (»Die Rothschilds – Eine Familie beherrscht die Welt«) und Verschwörungs-FantastInnen (»Das Mars-Geheimnis: und weitere Enthüllungen«).

Schon vor einigen Wochen ließ sich feststellen, dass die Homepage des Verlags offline ist. Nun plauderte Thomas Röper, der Hauptautor des Verlags, in seinem Blog Anti-Spiegel am 17. Mai Interna aus dem Verlagsleben aus. 

Röper ist ein angesagter Autor der rechten Verschwörungsszene und veröffentlichte im J.K. Fischer-Verlag von 2018 bis 2022 sechs Bücher. Er ist ein Anhänger von Putin und verbreitet Fake News bspw. über die Corona-Pandemie, die angebliche »Klimalüge« und natürlich über den Krieg gegen die Ukraine. In seinem Blog klagt er nun darüber, dass die Verantwortlichen des J.K. Fischer Verlags keine Mails und Anrufe mehr beantworten würden und stellt fest:

»Offenbar bin ich betrogen worden, denn auch mir zustehende Autorenhonorare und Provisionen wurden nicht bezahlt. […] Ich will hier (noch) nicht ins Detail gehen, denn nun habe ich Anwälte eingeschaltet und es wird sowohl Strafanzeigen wegen diverser Vergehen, angefangen von Betrug über Steuervergehen bis hin zu insolvenzrechtlichen Straftatbeständen, geben.«

Röper schreibt, er sei mit Jan Karl Fischer, dem Eigentümer des J.K. Fischer-Verlags, befreundet und oft als Gast in dessen Haus auf Mallorca gewesen. Deshalb habe er ihm vertraut und die Auszahlung der Autorenhonorare zurückstellen lassen. Der Verlag habe geboomt. Doch dann sei ein Frank Terhaag aus Berlin als Partner von Fischer eingestiegen. Dieser habe schließlich im Verlag das Sagen gehabt, während sich Fischer Ende 2021 aus dem Geschäft zurückgezogen habe und Teilhaber geblieben sei. Röper schreibt:

»Offenbar wurde der Verlag ausgeplündert und bewusst in die Pleite geschickt. Ich weiß nicht, ob Frank Terhaag alleine die treibende Kraft dahinter war, oder ob auch Jan Fischer beteiligt war, der mich Ende April kontaktiert und mir mitgeteilt hat, er sei auch von Terhaag betrogen worden.« 

Bereits völlig abgewickelt ist die Nibelungen Buchhandlung im Frankfurter Nordend. Ende Februar 2024 zog sie aus den Räumen in der Spohrstraße aus, nun ist dort ein Theaterladen. Die 1994 gegründete Buchhandlung fiel durch ihr Angebot an rechter Literatur auf und war mehrfach Ziel antifaschistischer Kampagnen und Aktionen. Aufgrund der unmittelbaren Nähe zur Frankfurt University of Applied Sciences, der ehemaligen Fachhochschule (FH), bestellten dort manche Studierende ihre Bücher.

Im Schaufenster der rechten Nibelungen Buchhandlung im Frankfurter Nordend ist eine ganze Wand der einschlägigen Literatur zur Corona-Pandemie gewidmet. © ASVI
Im Schaufenster der rechten Nibelungen Buchhandlung im Frankfurter Nordend war 2022 eine ganze Wand der einschlägigen Literatur zur Corona-Pandemie gewidmet. © ASVI

Im Jahr 2000 stand die Nibelungen Buchhandlung besonders im antifaschistischen Fokus. Für den 4. Mai 2000 war in der Buchhandlung eine Veranstaltung mit dem Autor Claus Nordbruch angekündigt, einem Neonazi, der zu dieser Zeit Nähe zur militanten (im Jahr 2000 in Deutschland verbotenen) Blood & Honour-Organisation zeigte. Antifaschist*innen warfen in der Nacht davor die Scheiben ein und verhinderten so die Veranstaltung. Der AStA der FH, der zeitgleich eine Kampagne gegen die rechte Buchhandlung organisierte, wurde von der hiesigen Neonaziszene für diese Aktion verantwortlich gemacht. Im September 2000 verübten Unbekannte, ganz offensichtlich aus der Neonaziszene, einen Mordanschlag mittels einer Autobombe (die nur durch Glück nicht zündete) auf einen AStA-Mitarbeiter und dessen Familie. Die Fehler und Versäumnisse in den polizeilichen Ermittlungen waren in der Folge derart gravierend, dass bis heute davon auszugehen ist, dass es bei der Polizei und der Staatsanwaltschaft kein Interesse gab, die TäterInnen zu ermitteln und vor Gericht zu bringen. Der Mordanschlag wurde vertuscht und verschwiegen.

In den Jahren 2021 und 2022 waren im Schaufenster der Nibelungen Buchhandlung überwiegend Bücher zum Thema Corona ausgestellt, zum Beispiel das »Schwarzbuch Corona« von der Stiftung Corona-Ausschuss und »Gesundheitsdiktatur« vom rechten Kopp Verlag, in dem behauptet wird, dass im Schatten der »vermeintlichen Pandemie« eine Machtelite um Bill Gates eine »Neue Weltordnung« mit »gleichgeschalteten Einheitsmenschen« errichten wolle. Im Sortiment der Buchhandlung fanden sich bis zuletzt Werke diverser rechter PublizistInnen, wie zum Beispiel Claus Nordbruch, des Crash-Propheten Thorsten Schulte oder von Karlheinz Weißmann, dem Vorsitzenden des Kuratoriums der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung.

Betreiber der Nibelungen Buchhandlung war der Frankfurter Arno Juhre, ihm stand seine Ehepartnerin Annette Juhre zur Seite. Arno Juhre war viele Jahre eine regional führende Person der Evangelischen Notgemeinschaft in Deutschland (ENID) gewesen. Die im Jahr 2017 aufgelöste ENID war eine Rechtsaußen-Organisation, die die Evangelische Kirche in Deutschland wegen angeblich linker Tendenzen anfeindete.

Die christliche und bürgerliche Fassade der Eheleute Juhre täuscht. In ihrem Zuhause im Frankfurter Stadtteil Dornbusch fanden bis 2021 wiederholt rechte Treffen statt, was für Unmut in der Nachbarschaft sorgte. Schließlich zogen die Juhres um.

Arno Juhre ist nach der Schließung der Nibelungen Buchhandlung seinem Metier treu geblieben. Er ist nun in der Wissenschaftsbuchhandlung Hector in der Gräfstraße, unmittelbar am alten Bockenheimer Uni-Campus, angestellt.

siehe auch: »Reichsbürger und Putin-Fans: Der J.K. Fischer-Verlag« sowie »Extrem rechts seit über 25 Jahren: Die Nibelungen Buchhandlung im Frankfurter Nordend«, beides in: Der Hokuspokus-Handel: Esoterik, Marketing und rechte Ideologien, 02.08.2022