Der Fanclub der PutschistInnen

Am Dienstag, den 21. Mai 2024, begann vor dem Oberlandesgericht Frankfurt der Prozess gegen neun Personen der Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß, die einen Putsch geplant hatte und im Dezember 2022 aufgedeckt wurde. Die in Frankfurt Angeklagten sollen ein Gremium gebildet haben, das sich »der Rat« nannte und die Aktivitäten lenkte. Ihre Gruppe war durchdrungen von Reichsbürger-Ideologie, vom Glauben an den QAnon-Mythos und von antisemitischem Verschwörungsdenken.

In der rechten Verschwörungsszene gilt die Gruppe als Opfer einer konstruierten Anklage. Vor allem zwei der in Frankfurt Angeklagten, der Oberst a.D. Maximilian Eder und der ehemalige Polizist Michael Fritsch, erfahren große Zuwendung in der Szene. Insofern durfte man gespannt sein, wie sich ihre UnterstützerInnen zum Prozessauftakt bemerkbar machen würden.

Personen aus der Gruppe der UnterstützerInnen am ersten Prozesstag am 21. Mai 2024, im Vordergrund Alexandra Motschmann und Frank Großenbach. © dokunetzwerk rhein-main

Unter den Zuschauenden an den ersten beiden Tage waren ca. zehn Personen, die deutlich Sympathien mit den Angeklagten zeigten. Dabei exponierte sich ein Grüppchen um Frank Großenbach aus Frankfurt und Alexandra Motschmann aus Gmund am Tegernsee. Beide gehören der Partei DieBasis an, für die auch die Angeklagten Michael Fritsch und Johanna Findeisen-Juskowiak aktiv waren. Großenbach hatte 2023 in Frankfurt für DieBasis zur Wahl des Oberbürgermeisters kandidiert und hält häufig Reden auf verschwörungsideologischen Aufzügen. Motschmann ist »Schwarmbeauftragte« von DieBasis in Bayern und eine große Anhängerin von Maximilian »Max« Eder. Die Gruppe um Großenbach und Motschmann im Zuschauerraum quasselte unentwegt und kommentierte die Äußerungen der Richter und AnwältInnen. Motschmann dekorierte die Glasscheibe zwischen Gerichtssaal und Zuschauendenbereich mit einem Herz. Grossenbach prahlte für Umstehende hörbar damit, dass er einige der Angeklagten persönlich kenne.

Der Angeklagte Maximilian Eder hatte nach der Flutkatastrophe im Ahrtal im Juli 2021 mit Angehörigen der Gruppe Veteranen Pool eine »Hilfsstation« errichtet, die von den Behörden geschlossen wurde. Ein Fan von ihm ist die Musikpädagogin Johanna B. aus Bad Dürkheim, auf dem Foto (mit Schild) bei einem rechten Aufzug am Hambacher Schloss am 19. Mai 2024. Johanna B. zählt auch zur UnterstützerInnen-Gruppe im Frankfurter Prozess. © dokunetzwerk rhein-main

Mehrere Angeklagte dürfen sich auch der Sympathien und der ideologischen Nähe ihrer AnwältInnen sicher sein. Einige VerteidigerInnen in diesem Prozess sind aus anderen Prozessen gegen extreme Rechte bekannt oder bereits in der rechten Verschwörungsszene aufgefallen. So zum Beispiel der Bielefelder Rechtsanwalt Prof. Dr. Martin Schwab, immerhin Inhaber eines Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Verfahrens- und Unternehmensrecht an der Universität in Bielefeld. Schwab war 2022 Spitzenkandidat von DieBasis für die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen, sprach auf verschwörungsideologischen Aufzügen und schreibt für die Zeitschrift Demokratischer Widerstand. Als Verteidiger von Findeisen-Juskowiak stützte er die Erzählung von »QAnon«, wonach tausende von Kindern in unterirdischen Gefängnissen von einem Netzwerk von Kriminellen gefangen gehalten und missbraucht würden. Schwab warf der Anklage vor, die Info zu Kindern in unterirdischen Verliesen als Verschwörungsmythos abzutun, um dann den Bogen zu Politikern mit angeblichen Bezügen zur Pädokriminalität und zu den Grünen zu schlagen, die für »freien Kindersex« gekämpft hätten. Auch das Thema Corona kam in seiner Ausführung nicht zu kurz. Ihm zufolge sei beweisbar, dass die »Pandemieerzählung eine Lügengeschichte« sei.

Der Bielefelder Rechtsanwalt Prof. Dr. Martin Schwab tritt auch in der rechten Verschwörungsszene auf, hier als Redner bei einem Aufzug von Bielefeld steht auf am 8. Oktober 2023.

Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass die AnwältInnen nicht an einem Strang ziehen werden. Besonders deutlich wird dies bei der Verteidigung von Vitalia Bondarenko, der Lebensgefährtin von Heinrich XIII. Prinz Reuß, die in Frankfurt gemeldet war, jedoch hauptsächlich in Thüringen lebte. Bondarenko wird von insgesamt vier VerteidigerInnen vertreten, die in zwei Teams gespalten sind und nicht in Absprache agieren. So brachte Bondarenkos Anwalt Thomas Nirk am zweiten Prozesstag die Anwältin Sylvia Schwaben in Misskredit, die ebenfalls ein Mandat für Bondarenko hat. Denn Schwaben habe – so Nirk – bei einem Besuch in der Haftanstalt geäußert, dass sie der russischen Föderation über den Fall Bericht erstatten würde.

Schon jetzt ist absehbar, dass der Prozess bis weit in das nächsten Jahr und möglicherweise noch länger andauern wird.