Jung.Liberal.Egoistisch

Informationsstand von Liberty Rising am 7. Juli 2023 am Eingang des Campus der Frankfurter Goethe-Universität. Quelle: Facebook

Proprietaristischer Nachwuchs an den Universitäten

Teil 3 der Artikelserie »Vorwärts in die Sklaverei, Proprietarismus im Aufwind«
Zusammenfassung des Artikels

In Gruppen wie Students for Liberty (SFL) und Liberty Rising (LR) organisiert sich der proprietaristische Nachwuchs an den Universitäten. Sie vernetzen sich bundesweit auf Kongressen und Camps und diskutieren dort Wege, den Sozialstaat endgültig zu zerstören.

Zum Aktionsspektrum von LR zählen Aktionen gegen die Klimagerechtigkeitsbewegung. Dabei stellten sich LR-Aktive in mehreren Städten mit Plakaten wie »Reichtum ist kein Problem, Öko-Ideologie ist es« zum Protest gegen Fridays for Future auf. In Frankfurt organisiert eine LR-Gruppe Infostände in der City und am Campus der Universität sowie Veranstaltungen in Uni-Räumen.

Im ihrem Weltbild ist Egoismus keine nachteilige Eigenschaft, sondern eine ehrbare Tugend. Jegliche Bestrebungen, eine Gesellschaft der Solidarität, Gleichberechtigung und Teilhabe zu schaffen, werden von ihnen als »Kollektivismus« verteufelt. Dabei beziehen sie sich auf den »Objektivismus« der russisch-US-amerikanischen Schriftstellerin Ayn Rand, der als Inbegriff neoliberaler Gesellschaftsfeindlichkeit gelten muss.

Die Vorschläge der »kapitalistischen Jugend« zur Energiepolitik lauten: Zurück zur Atomkraft und unverminderte Nutzung fossiler Energien. Nicht die mangelhafte Regulierung marktwirtschaftlichen Profitstrebens sei ursächlich für die Klimakatastrophe, sondern vielmehr, dass der Kapitalismus zu stark eingehegt werde.

Ein weiterer Akteur sind die Students for Liberty, die eng mit FDP-Parteistrukturen wie den Liberalen Hochschulgruppen und mit dem Hayek-Club Frankfurt am Main kooperieren.

Die Gruppen dienen zum Netzwerken, als Schulungsstätten und Propagandazentralen. Ihre AkteurInnen tragen nach ihrer »aktiven Zeit« an den Hochschulen die proprietaristische, sozialstaats- und gesellschaftsfeindliche Ideologie in Unternehmen, Banken, Beratungsfirmen und Wirtschaftsverbände – also genau dorthin, wo derartige Ideologien ohnehin auf fruchtbaren Boden fallen und Einfluss in der politischen Sphäre haben.

ProprietaristInnen gelingt es immer wieder, Menschen anzusprechen, die sich vielfach wohl gar nicht als politisch rechts verstehen. Denn sie bieten ihnen ein Programm gesellschaftlicher Verantwortungslosigkeit. Während vielen Menschen klar wird, dass die heutige Lebens- und Wirtschaftsweise die Lebensgrundlagen der kommenden Generationen zerstört und dringend eines Wandels bedarf, senden die ProprietaristInnen die unbekümmerte Botschaft des »Weiter so!« Damit erreichen sie jene, die der Meinung sind, dass Linke und Grüne ihnen »vorschreiben« würden, was sie essen sollten, wie oft sie nach Mallorca fliegen dürften und auf welche Personen sie in ihrer Sprache und ihrem Verhalten Rücksicht nehmen sollten – und die glauben, sich im Namen der Freiheit dagegen wehren zu müssen. So formiert sich im Proprietarismus ein Gegenpol zu Fridays for Future, den Kampf um LGBTQ-Rechte und Black Lives Matter.

In Gruppen wie Students for Liberty und Liberty Rising findet der proprietaristische Nachwuchs an den Universitäten zusammen. Sie sind auch in Frankfurt aktiv. Sie organisieren Infostände und Vortragsveranstaltungen und besuchen bundesweit Kongresse und Camps, auf denen sich die »kapitalistische Jugend« vernetzt und Wege diskutiert, den Sozialstaat endgültig zu zerstören.


Frankfurt am 7. Juli 2023: Am Eingang zum IG-Farben-Campus der Goethe-Universität im Frankfurter Westend steht ein junger Mann mit geblümtem Hemd an einem Informationstisch. Vor ihm sind ein Mikrofon und eine Kamera aufgebaut und am Tisch hängt ein Plakat mit der Aufschrift »Steuern sind Raub – Change My Mind«. Er tritt mit dieser provokanten Aussage auf Passant*innen zu und versucht sie zu überreden, mit ihm vor der Kamera darüber zu diskutieren. Diese Aktionsform des öffentlichen »Überzeugens«, oft eher Überrumpelns, wurde von extrem rechten Medienaktivisten in den USA popularisiert, die dafür den Ausdruck »Change My Mind« prägten.

Manche, die an dem Stand vorbeikommen, glauben an eine Aktion der Satire-Zeitschrift Titanic, denn: Die Abschaffung aller Steuern – wie soll das funktionieren, wo soll dies hinführen? Wie sollen dann Schulen und Universitäten finanziert werden? Wer wird sich um die sorgen, die auf Unterstützungsleistungen angewiesen sind? Bildung und soziale Absicherung durch den Staat würde es dann nicht mehr geben. Die Armen, Kranken und Unterprivilegierten wären auf Almosen angewiesen und hemmungsloser Ausbeutung ausgesetzt, um zu überleben.

Doch es ist ernst gemeint. Der Stand wird von Liberty Rising betrieben. Die Gruppe ist eine der vielen im proprietaristischen Spektrum, die ihre Gesellschaftsfeindlichkeit hinter dem Begriff »Freiheit« versteckt. In ihrem Weltbild ist Egoismus keine nachteilige Eigenschaft, sondern eine ehrbare Tugend, getreu dem Motto »Wenn jeder an sich selbst denkt, ist an alle gedacht«. Jegliche Bestrebungen, eine Gesellschaft der Solidarität, Gleichberechtigung und Teilhabe zu schaffen, werden von den AnhängerInnen dieses Weltbilds als »Kollektivismus« verteufelt, bisweilen dadurch auch mit Nazifaschismus und Stalinismus gleichgesetzt. Dass sich die BRD ohnehin bereits im Sozialismus befinde oder sich zumindest rasend schnell in dessen Richtung bewege, gilt in diesen Kreisen als Binsenweisheit.

Tim Reinig (Mitte) und Moritz Faber (rechts) traten in den vergangenen Jahren in Frankfurt als Aktivisten von Liberty Rising in Erscheinung. Hier bei einem LR-Informationsstand am 18. November 2023 in der Frankfurter City. Quelle: Facebook

Fanclub des Egoismus

Liberty Rising (LR) nennt sich selbst »Deutschlands größte Jugendorganisation für Freiheit und Kapitalismus«. Die Gruppe gibt sich bewegungsorientiert, dynamisch und provokativ. So konnte sie seit ihrer Gründung im Jahr 2021 bereits vereinzelt mediale Aufmerksamkeit gewinnen. Zu ihrem Aktionsspektrum zählen Aktionen gegen die Klimagerechtigkeitsbewegung, die im August 2023 in einem Gastbeitrag des FDP-Rechtsaußen Rainer Zitelmann im Magazin Focus vorgestellt und gelobt wurden. Dabei hatten sich LR-Aktive in mehreren Städten mit Plakaten wie »Reichtum ist kein Problem, Öko-Ideologie ist es« zum Protest gegen Fridays for Future oder Die Letzte Generation aufgestellt. Meist handelte es sich dabei um Fototermine, die eher der Inszenierung von Aktivismus gedient haben dürften, als dass sie tatsächlichen Protest darstellten.

Die LR-Vorschläge zur Energiepolitik lauten: Zurück zur Atomkraft und unverminderte Nutzung fossiler Energien. Der Markt werde es schließlich schon richten, die dem Kapitalismus innewohnende Innovationskraft sei das beste Heilmittel gegen globale Temperaturerwärmungen. Nicht die global mangelhafte Regulierung marktwirtschaftlichen Profitstrebens sei ursächlich für den Klimawandel, der objektiv längst als Klima- und Biodiversitätskatastrophe beschrieben werden muss, sondern vielmehr, dass der Kapitalismus zu stark eingehegt werde. Mehr Kapitalismus sei notwendig, nicht weniger.

Neben derartigen Versuchen, in die mediale Öffentlichkeit zu dringen, veranstaltet Liberty Rising »Bildungsakademien«, Sommercamps und Festivals. Dazu wirbt die Gruppe Spendengelder und Sponsorings ein, die die Ausrichtung mehrtägiger Events mit internationalen Gästen ermöglichen. Im August 2022 geriet ihr »Liberty Sunrise«-Camp in einem kleinen Ort bei Paderborn in die Schlagzeilen. Denn als ReferentInnen waren Personen eingeladen, die in ihren Twitter-Accounts angaben, die Bundesrepublik zu verachten und den Staat zu hassen. Auch stand ein »Waffenworkshop« auf dem Programm des Camps. Max Remke aus Stendal in Sachsen-Anhalt, ein Wortführer von LR, erklärte gegenüber JournalistInnen, dass man in der »kapitalistisch libertären Bewegung« Waffen für eine »sehr, sehr gute Idee« halte, »weil natürlich Eigentum uns sehr wichtig ist und wir es mögen, Eigentum zu schützen.«

Als Nachfolgeveranstaltung von »Liberty Sunrise« fand in den Jahren 2023 und 2024 auf Burg Lohra in Thüringen das »Kapitalismus-Festival« Soul of Liberty statt. Verantwortet wurde dieses vom Förderverein Liberty Rising e.V., der den LR-Aktivitäten einen rechtlichen Rahmen verleiht. Als Unterstützerin des Festivals trat die Free Cities Foundation auf, eine Lobbyorganisation zur Gründung von Privatstädten (siehe Teil 1: »Fanatisch für freie Märkte«). Auch das im nordhessischen Borken ansässige proprietaristische Freiblickinstitut e.V., das das Magazin Novo herausgibt, finanzierte mit; seinem Vorstand gehört der Frankfurter Jurist Kai Rogusch an.

Auf der Liste der Vortragenden der Camps und Festivals von LR ist einige Szene-»Prominenz« zu finden. So der unvermeidliche Markus Krall, der Brite Nikos Sotirakopoulos, Direktor des Ayn Rand Center UK, sowie Rainer Zitelmann, der in den 1990er Jahren als ein führender Vertreter der sogenannten »Neuen Rechten« galt und inzwischen zum umtriebigen Proprietaristen avanciert ist. Auch Manuel Barkhau aus Heusenstamm (Landkreis Offenbach) ist in dem Spektrum eine bekannte und umtriebige Person. Er ist Mitglied im Bundesvorstand der proprietaristischen Kleinpartei Die Libertären und betreibt einen Podcast mit Namen Mises Momente. Er bot auf dem »Soul of Liberty«-Festival 2023 eine Einführung in die ökonomische Theorie von Ludwig von Mises (1881-1973) an, einem Vordenker der Österreichischen Schule der Nationalökonomie, auf die sich Marktradikale und ProprietaristInnen weltweit beziehen.

Im Jahr 2025 wurde kein Sommercamp durchgeführt. Stattdessen war der Kongress Agora Egopower neu im Programm, der vom 17. bis 19. Oktober in Dessau stattfand. Dort wurde in Vorträgen erklärt, wie Geld zum »Gute-Laune-Thema« werde und wie das »eigene finanzielle Wohl gegen umverteilerische Gier und Risiken« verteidigt werden könne.

Inzwischen entfaltet Liberty Rising in mehreren Städten Aktivitäten. Ihre Ortsgruppen werden innerhalb der Organisation als »Triaden« bezeichnet. Sie existieren in Frankfurt am Main, Berlin, Kiel, Stuttgart und Leipzig; von Gruppen in Nordrhein-Westfalen und Wien lassen sich derzeit keine Aktivitäten erkennen.

Nachdem der »Waffenworkshop« auf dem »Liberty Sunrise«-Camp von Liberty Rising in die öffentliche Kritik geraten war, fand auf dem Camp im Jahr 2024 in Referinghausen (Hochsauerlandkreis) ein Wettbewerb im Bogenschießen statt. Zweiter von links: Der Frankfurter LR-Aktivist Luis Roth. Quelle: Instagram

Die Frankfurter »Triade«

Zurück zum »Steuern sind Raub«-Infostand an der Goethe-Universität im Juli 2023. Der Mann im geblümten Hemd, der die Abschaffung aller Steuern und damit der Grundlage des Sozialstaats fordert, heißt Tim Reinig und ist »Aktivismus-Leiter« der Frankfurter »Triade«. Regelmäßig hält diese Stammtische in Sachsenhäuser Apfelweinwirtschaften ab.

Reinig stammt aus Taunusstein und fiel schon beim Besuch des dortigen Gymnasiums als Marktradikaler auf. Dass er die mediale Inszenierung sucht und sich als eine Art Medienprofi darstellt, mag an seinen sonstigen Tätigkeiten liegen: Ausweislich seines LinkedIn-Profils arbeitete er von 2023 bis März 2025 als Social-Media-Manager für Klaus-Peter Willsch, der seit 1998 als direkt gewählter Abgeordneter der CDU für den Wahlkreis Rheingau-Taunus/Limburg im Bundestag sitzt. Willsch ist Wirtschaftspolitiker und Partei-Rechtsaußen. Er war Vorsitzender eines von 2018 bis 2022 bestehenden Fördervereins konservative Politik, der der WerteUnion nahestand. Er schreibt für die proprietaristische Zeitung Tichys Einblick, forderte 2015 die Zurückweisung von Flüchtenden an den Grenzen und sieht im »Gendersprech« einen »Angriff auf unsere Kultur«. Schon früh brachte er ein Bündnis aus CDU und AfD ins Spiel. Fotos zeigen Reinig, wie er im September 2023 eine AfD-Veranstaltung in Taunusstein besucht – also just zu jener Zeit, als er beim CDU-Abgeordneten Willsch beschäftigt war. Ob es sich um einen Besuch aus Sympathie oder zur Beobachtung der politischen Konkurrenz handelte, bleibt offen. Inzwischen gilt Reinigs Aktivismus dem außerparlamentarischen Bereich und Liberty Rising.

In Frankfurt tritt Liberty Rising seit Anfang 2022 in Erscheinung. Die Hauptaktivisten neben Reinig sind der Frankfurter Student Moritz Faber und der Rüsselsheimer Max Luca Simon, der 2023 als »Regionalleiter« von LR genannt wird. Simon war bis Februar 2023 Vorsitzender der Jungen Liberalen im Kreisverband Groß-Gerau. Dann gab er nicht nur den Vorstandsposten, sondern vermutlich
auch sein FDP-Parteibuch ab. Ein Foto zeigt ihn unter anderem mit Manuel Barkhau im Mai 2023 auf dem Bundesparteitag der Partei Die Libertären.

Am 5. Februar 2022 nahmen eine Handvoll LR-Aktivisten ausgestattet mit sogenannten Gadsden flags an einem Corona-Protest in Frankfurt teil. Bilder davon wurden später auf der eigenen Webseite verbreitet. Im Jahr 2023 hielt LR mehrere Informationsstände in Frankfurt ab, nicht nur am Uni-Campus, sondern auch in der Innenstadt mit der Forderung »Sozialstaat privatisieren«. Doch der Blick auf den Instagram-Account zeigt meist nur Gepose: Da wird mit einer Fahne mit der Aufschrift »Antietatistische Aktion« am Mainufer posiert oder es werden Sticker mit dem Bitcoin-Logo unter Aufschrift »Heiles Geld – Heile Welt« verklebt. Kapitalismus als Erlösungsfantasie.

Noch 2023 hatte die Frankfurter »Triade« großspurig verkündet, bis Anfang 2025 auf 100 Mitglieder zu wachsen. Das Ziel dürfte sie bei Weitem verfehlt haben. Auch hat ihr Aktivismus seit 2023 nicht erkennbar zugenommen. Insgesamt kann der Gruppe ein knappes Dutzend Personen zugerechnet werden, doch werden die Stammtische oftmals nur von sechs oder sieben Personen besucht.

Die sogenannte Gadsden flag ist ein Symbol des rechten Libertarismus und Proprietarismus. Sie wurde auf den Corona-Protesten häufig gezeigt. Bild oben: Teilnehmerinnen aus Südhessen am 22. Oktober 2022 in Frankfurt. Bild unten: AnhängerInnen von Liberty Rising am 5. Februar 2022 in Frankfurt. © protest.foto südhessen, ASVI

Der »Objektivismus« der Ayn Rand

Jüngste erkennbare Aktivität der Frankfurter LR-»Triade« war im Mai und Juni 2025 ein »Objektivismus«-Lesekreis, der in Räumen der Goethe-Universität stattfand, jedoch nur eine einstellige TeilnehmerInnenzahl anzog. Geleitet wurde dieser von Tim Reinig.

Unter Objektivismus wird in diesem Zusammenhang die Ideologie der russisch-US-amerikanischen Schriftstellerin Ayn Rand verstanden, die diese vor allem in ihrem Hauptwerk Atlas Shrugged (auf deutsch veröffentlicht unter den Titeln »Atlas wirft die Welt ab« und »Der Streik«) von 1957 darlegte. Der Roman spielt in einer hypothetischen Welt, die an die Vereinigten Staaten der 1950er Jahre angelehnt ist. Seine Protagonistin ist eine superreiche Erbin eines Eisenbahnkonzerns, die ansehen muss, wie andere Industrielle offenbar spurlos verschwinden und die Wirtschaft niedergeht. Es ist ausgerechnet ihr Bruder, der die Enteignung der Unternehmerschaft forciert, unter dem Deckmantel sozialer Gerechtigkeit den Sozialismus einführen möchte und die Wirtschaftsleistung plündert. Was schließlich zum wirtschaftlichen Kollaps und zum Zerfall der Vereinigten Staaten führt.

Im Kern ist Objektivismus eine Lehre, die radikalen Egoismus zu einer humanistischen Tugend umdeutet und einen entfesselten Kapitalismus fordert. Das Grundübel der Politik liegt für Rand in jeder Form von Selbstlosigkeit und Altruismus, da dieses Streben letztlich zu Sozialismus und Kommunismus und damit zum Ende der Zivilisation führen würde. Zum Erfolg führe hingegen egoistisches Handeln, da sich dies durch Tüchtigkeit, Erfindergeist, Schönheit, Klugheit und Kühnheit auszeichne. Diese verquere Ideologie, die als der Inbegriff neoliberaler Gesellschaftsfeindlichkeit gelten muss, ist für Liberty Rising derart wichtig, dass auf einer Mitgliederversammlung des Trägervereins der Bezug auf die Autorin in der Vereinssatzung verankert wurde.

(Zu Ayn Rand siehe auch: Puppenhausprosa der Kapitalisten, Die Zeit, 2015)

Teilnehmende der »Ayn Rand Con« im Mai 2025 in Berlin. Unter ihnen sind: Stefan Griese (2.v.l.) und Max Remke (3.v.r.), die beiden Führungspersonen von Liberty Rising, sowie Janek Wenzlik (3.v.l.) und Tim Reinig (4.v.l.) von der Frankfurter »Triade« von LR. Quelle: Instagram

Im Geflecht der Vereine

Wie verflochten das proprietaristische Spektrum ist, wird an Max Remke deutlich. Er ist Organisationsleiter von Liberty Rising und nach eigenen Angaben für die Gruppe in Vollzeit tätig. Er betreibt deren YouTube-Kanal und erklärt in zahlreichen Videos »Warum die Klimahysterie völlig unbegründet ist« und »Warum Egoismus gut ist & Selbstlosigkeit in die Diktatur führt«. Entsprechend heißt es auch im von ihm mitverfassten »Codex« von Liberty Rising: »Unterwirf die Natur«. Und: »Ich sprenge meine Fesseln, indem ich die Fesseln anderer sprenge.«

Der studierte Geschichts- und Politikwissenschaftler Remke kann im vergangenen Jahrzehnt auf einen illustren politischen Werdegang zurückblicken: Anfangs war er Teil einer Arbeitsgruppe von »Linksliberalen in der Linksjugend« und Landessprecher der Linksjugend Niedersachsen. Später benannte sich die Arbeitsgruppe in YOUR TURN um, als ihr Sprecher beteiligte sich Remke an der »Sozialliberalen Offensive«, einem Bündnis aus Piratenpartei, Partei der Humanisten, YOUR TURN und anderen Kleinstparteien. Das war im März 2017.

Nur wenige Monate später war Remke selbst zur Partei der Humanisten gewechselt und wurde im November 2017 in ihren niedersächsischen Landesvorstand gewählt. Von dort ging es für ihn weiter zu den Libertären JuLis, die dem FDP-Jugendverband Junge Liberale (JuLis) nahe standen. Nachdem die Libertären JuLis jedoch geschichtsrevisionistische Positionen zum NS-Staat verbreitet hatten, gingen die JuLis auf Distanz.

Schließlich gründete Remke, zu dieser Zeit in Göttingen wohnhaft, Anfang 2020 mit einigen Freunden das Michael-Gartenschläger-Institut für freiheitlichen Aktivismus. Die Bezeichnung »Institut« ist irreführend, wissenschaftliche Aktivitäten gingen von ihm nicht aus. Der Verein wurde im Januar 2023 in Förderkreis Liberty Rising umbenannt. Zusätzlich wurde im selben Monat der Verein jung.liberal.kapitalistisch gegründet und im Februar 2023 schließlich noch ein dritter Verein, die Ayn Rand Gesellschaft. Alle Vereine sind an derselben Adresse in Stendal (Sachsen-Anhalt) ansässig, die zugleich als Wohnanschrift von Maximilian Remke und Stefan Griese dient. Neben Remke repräsentiert Griese die Vereine. Er war wie auch Remke von Göttingen nach Stendal gezogen und arbeitete dort im Bürgerbüro des FDP-Politikers Marcus Faber, der bis 2025 für die Partei im Bundestag saß.

Das verwirrende Geflecht aus drei verschiedenen Vereinen mit fast identischem Mitgliederstamm offenbart die verschiedenen Ebenen, auf denen Remke und Griese politisch arbeiten wollen: Während der Förderkreis Liberty Rising als rechtlicher Rahmen für die Aktivitäten von Liberty Rising dient, fokussiert sich jung.liberal.kapitalistisch gemäß seiner Satzung auf politische Einflussnahme bei der FDP. Die Ayn-Rand-Gesellschaft wiederum hat nach eigenen Angaben zum Ziel, »das in Deutschland quasi unbekannte Werk Ayn Rands bekannter zu machen.« Im Wesentlichen scheint dieser Verein dazu zu dienen, Vernetzungsarbeit zu betreiben, Konferenzen zu besuchen und RednerInnen anzubieten zu Themen wie »Wie kann man Kapitalismus effektiv argumentieren?«

Männerwelt. Teilnehmende des Camps »Liberty Sunrise« im August 2021 in der Schützenhalle von Hallenberg-Braunshausen (Hochsauerlandkreis). Zweite Stuhlreihe, zweiter von rechts im Liberty-Rising-Shirt: Janek Wenzlik von der Frankfurter LR-Gruppe. Quelle: Facebook

Hayek-Fans unter Studierenden

Zurück auf dem Campus der Goethe-Universität: Am 29. Mai 2024 herrscht dort reges Treiben, Studierende eilen zu ihren Seminaren oder in die Mensa. Vor dem Casino-Gebäude weist ein Aufsteller in Richtung des nahegelegenen House of Finance und kündigt eine »Hayek-Tagung« zum 125. Geburtstag von Friedrich August von Hayek an. Der österreichische Ökonom ist eine Lichtgestalt des Proprietarismus (siehe Teil 2: »Die Erben Hayeks«). Das Motto der Tagung ist: »Was hätte Hayek uns heute zu sagen?«.

Beim House of Finance handelt es sich um ein Gebäude auf dem Campus, in dem privatrechtlich organisierte Untergliederungen der Universität wie die Goethe Business School und das Institute for Law and Finance ihren Sitz haben, die damit werben, »exklusive« Bildungsangebote jenseits der Massen-Uni anzubieten. Sie richten sich an Studierende aus aller Welt und stehen in ihren Gebühren Privathochschulen in nichts nach.

Ort der »Hayek-Tagung« war der »Commerzbank Saal« im House of Finance. Ausrichter waren der Hayek-Club Frankfurt am Main und die Frankfurt Students for Liberty. Ein Grußwort sprach Juan De Dios Estevez, der Vorstandsmitglied des Hayek-Clubs Frankfurt und Bundesvorsitzender der Students for Liberty (SFL) ist. Zudem ist Estevez »Ambassador« der Free Cities Foundation. Über »Freie Privatstädte« hatte er auch seine Masterarbeit im Studiengang Politische Theorie verfasst, gefördert von Prometheus – Das Freiheitsinstitut und der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit.

Juan de Dios Estevez (rechts) in den Farben der Straßburger KDStV Badenia am 29. Mai 2025 auf dem Römerbergfrühschoppen. © dokunetzwerk rhein-main

Auch gehört Estevez der Frankfurter Studentenverbindung Straßburger KDStV Badenia an und nimmt am jährlich stattfindenden Römerbergfrühschoppen der Frankfurter Studentenverbindungsszene teil, den die Badenia ausrichtet. Er ist nicht der Einzige der Frankfurt Students for Liberty, der aus der Szene der Studentenverbindungen kommt: So fand die erste eigene Veranstaltung der Gruppe 2016 im Haus der Landsmannschaft Frankonia im Frankfurter Nordend statt. Hier referierte Clemens Schneider, Mitgründer von Prometheus – Das Freiheitsinstitut, zum Thema »Offene Grenzen: Menschenrecht?«. Das Prometheus-Institut hat seinen Sitz in Berlin und wurde 2014 unter anderem vom ehemaligen FDP-Bundestagsabgeordneten Frank Schäffler, einem wichtigen Kopf der proprietaristischen Szene, gegründet.

Auch Rainer Zitelmann trat bei den Frankfurt Students for Liberty auf. Am 6. Februar 2020 war er zu einer Diskussionsrunde zum Thema »Gerechtigkeit & Kapitalismus« in einem Seminarraum der Goethe-Universität geladen.

Die Anlehnung an die US-Rechte ist bei den Students for Liberty deutlich, etwa durch den von ihnen genutzten Spruch »Make Liberty Great Again« oder internationale Vernetzungsbemühungen.

Fassadenschwindel. Hier findet kein Hippietreffen statt, sondern eine Diskussionsrunde u. a. mit dem FDP-Rechtsaußen und Erzkapitalisten Rainer Zitelmann zum Thema »Kapitalismus & Gerechtigkeit«. Die Frankfurt Students of Liberty organisierten diese am 6. Februar 2020 in den Räumen der Frankfurter Goethe-Universität. Es nahmen mehrere Dutzend Personen teil. Quelle: Facebook

Proprietaristische Laufbahnen

Lokale Schwerpunkte der deutschen Students for Liberty sind die Universitäten in Ilmenau, Bayreuth und Frankfurt am Main. Die Frankfurter Gruppierung spielt im SFL-Dachverband eine große Rolle. Auf der Webseite der SFL werden unter den 37 führenden AktivistInnen der Gruppe aus Deutschland, Österreich und Schweiz neben Juan De Dios Estevez drei weitere Personen mit Bezug zu Frankfurt genannt: Erstens Paulina Plinke, die länderübergreifend »Chief Advisor« von SFL ist. Sie studierte an der Frankfurt School of Finance & Management sowie an der Goethe-Universität und war 2022/23 »Research Fellow« des Prometheus Instituts. Seit Herbst 2025 ist sie nach eigenen Angaben wissenschaftliche Mitarbeiterin der privaten Wirtschaftshochschule WHU – Otto Beisheim School of Management in Vallendar bei Koblenz.

Desweiteren werden Julian Koepke und Tim Martl genannt. Der Frankfurter Julian Koepke leitete die hiesige SFL-Gruppe zwei Jahre lang und ist heute »Karriereberater« im Frankfurter Unternehmen Step Advisors GmbH. Tim Martl, laut Webseite »Local Coordinator« der Frankfurter SFL-Gruppe, studiert weiterhin an der Goethe-Universität und machte Praktika bei Steuerberatungs-, Wirtschaftsprüfungs- und Investmentbanking-Unternehmen.

Mit der Zeitschrift Der Freydenker, in der Paulina Plinke als »Associate Editor« wirkte und Max Remke von Liberty Rising eine Kolumne hatte, verfügten die SFL auch über eine eigene Verbandszeitschrift.

Doch die Hochphase der Students for Liberty scheint heute vorbei zu sein. Zu ihrem letzten Stammtisch – gemeinsam mit den StipendiatInnen der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit – lud die Frankfurter Ortsgruppe im Juni 2023 in den Sachsenhäuser Lokalbahnhof. Der Freydenker wurde im Mai 2025 nach fünf Jahren eingestellt. Und die letzten größeren Veranstaltungen der Students for Liberty vor der genannten Hayek-Tagung datieren sogar auf 2020. Es war wohl auch die CoViD-19-Pandemie, die der Gruppe Nachwuchsprobleme bescherte. Fotos aus den Jahren vor der Pandemie zeigen eine etwa fünf- bis achtköpfige Kerngruppe und offenbaren die Nähe zur Liberalen Hochschulgruppe, die der FDP nahesteht.

Einstige AkteurInnen der Frankfurt Students for Liberty sind nicht mehr an der Uni und arbeiten nun im Finanzbereich oder in der Politik. Juan De Dios Estevez etwa im Hessischen Landtag als Mitarbeiter der Offenbacher CDU-Abgeordneten Kim-Sarah Speer. Auch Nicolas Klein-Zirbes, der vormals zum Führungsgremium von SFL Frankfurt gehörte, war von der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit gefördert worden; anschließend arbeitete er für die FDP im Hessischen Landtag, wechselte für ein Masterstudium nach London und arbeitet inzwischen bei der britischen Großbank Barclays.

Anhand der Biografien von Estevez und Klein-Zirbes wird deutlich, dass mit dem Einstieg ins Berufsleben das Engagement für die Students for Liberty erlahmt. Wenn dann der Generationswechsel stockt, bedeutet dies für die Gruppe einen Einbruch.

Die Frankfurt Students for Liberty am 13. Oktober 2019 auf der von der Goethe-Universität organisierten »Unistart-Messe« im Hörsaalzentrum im Westend. Links: Juan De Dios Estevez, rechts: Nicolas Klein-Zirbes. Quelle: Facebook

Das N-Wort als Ausdruck akademischer Freiheit?

Unter den 37 auf der bundesweiten Webseite genannten Aktiven der Students for Liberty sind neun Frauen – gegenüber den veröffentlichten Bildern von Aktivitäten der Gruppe ein eher hoher Frauenanteil – und auffällig viele Personen mit Migrationsbiografie. Plumper Rassismus lässt sich bei den SFL nicht erkennen, im Gegenteil wird ein Kosmopolitismus inszeniert. Das hielt die Frankfurter Gruppe jedoch nicht davon ab, sich für die Frankfurter Uni-Professorin Susanne Schröter einzusetzen, nachdem diese wegen eines rassistischen Vorfalls in die Kritik geriert.

Auf einer von Schröter veranstalteten »Migrationskonferenz« an der Frankfurter Uni am 28. April 2023 hatte der als Referent eingeladene Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer mehrfach das »N-Wort« verwendet. Als er daraufhin von Protestierenden mit »Nazis raus«-Rufen bedacht wurde, entgegnete er: »Das ist nichts anderes als der Judenstern. Und zwar, weil ich ein Wort benutzt habe, an dem ihr alles andere festmacht. Wenn man ein falsches Wort sagt, ist man für euch ein Nazi.« Schröder schritt nicht gegen Palmer und seine Aussagen ein und distanzierte sich erst im Nachhinein davon.

In einer Solidaritätserklärung an Schröter lobten die Frankfurter SLF diese als »herausragende Wissenschaftlerin« und schrieben weiter: »Als Students For Liberty Deutschland setzen wir uns nachdrücklich für akademische Freiheit ein. Wir glauben daran, dass Universitäten Orte sein sollten, an denen freies Lehren und Forschen ermöglicht wird, ohne Einschränkungen durch politische oder ideologische Einflussnahme.«

Die Frankfurter Professorin Susanne Schröter steht wegen Aussagen zu Migration und Islam in der Kritik. Unterstützung erfährt sie aus dem proprietaristischen Spektrum, wo sie sich als Opfer einer »woken« Kultur an der Goethe-Universität inszeniert. Hier im Bild bei ihrem Vortrag »Der neue Kulturkampf – Wie eine woke Linke Wissenschaft, Kultur und Gesellschaft bedroht« beim Hayek-Club Frankfurt am 1. Juli 2024. Quelle: YouTube

FDP oder »libertäre« Parteien?

Während die Students for Liberty mitunter eng mit FDP-Parteistrukturen wie den Liberalen Hochschulgruppen kooperierten, ist das Verhältnis zu Parteien im Fall von Liberty Rising weniger klar. Max Remke und Stefan Griese, die beiden LR-Kader aus Stendal, sowie Max Luca Simon von der Frankfurter LR-Ortsgruppe, engagieren sich auch in der Organisation jung.liberal.kapitalistisch, die explizit die Einflussnahme auf die FDP als politisches Ziel angibt.

Max Luca Simon nahm nach seinem Ausscheiden als JuLi-Kreisvorsitzender Groß-Gerau 2023 am Bundesparteitag der proprietaristischen Kleinstpartei Die Libertären teil. Diese veranstaltete im Juli 2025 das Afuera!-Fest in Regensburg – benannt nach dem Wahlspruch Javier Mileis »Raus!«, womit vor allem der Sozialstaat gemeint ist. Mit 200 Teilnehmenden war das Fest weit unter den eigenen Erwartungen geblieben, obgleich führende Personen der Szene anwesend waren. Auch Liberty Rising präsentierte sich mit einem Infostand, daneben Vertreter verschiedener rechter Parteien wie der Partei der Vernunft, der AfD, und des Bündnis Deutschland. Anwesend war auch die ehemalige AfD-Vorsitzende Frauke Petry und mit ihr weitere Aktive des neugegründeten Vereins Team Freiheit, der ein weiterer Player im proprietaristischen Spektrum ist und um Mitglieder wirbt. Der Verein dient der Vorbereitung der Gründung einer Partei gleichen Namens, für die unter anderem der frühere Thüringer FDP-Vorsitzende und kurzzeitige Ministerpräsident Thomas Kemmerich antreten soll.

Das Event verdeutlicht die Suche der Szene nach politischer Wirkmächtigkeit. Kontrovers diskutiert wird dabei die Frage, wie man überhaupt zur Parteiendemokratie steht – und welche Partei geeignet sein könnte, proprietaristische Inhalte überzeugend in die Bundespolitik zu tragen.

Foto vom Bundesparteitag von Die Libertären in Leipzig am 6. Mai 2023. Manuel Barkhau aus Heusenstamm (links) als Bundesschaftzmeister, Florian Handwerker aus München (2.v.l.) als Bundesgeschäftsführer und Dr. Mathias Hummel aus Magdeburg als Bundesvorsitzender (4.v.l.) bilden den Bundesvorstand der Partei. Zwischen ihnen steht Max Luca Simon aus Rüsselsheim (3.v.l.). Quelle: Instagram

Denn auch innerhalb etablierter Parteien gibt es längst starke Bestrebungen, proprietaristische Positionen stärker zu verankern. Das gilt insbesondere für die FDP. So forderte der damalige FDP-Parteichef Christian Lindner während des Bundestagswahlkampfs in einer Talkshow, Deutschland müsse »mehr Musk und Milei wagen« und brauche »Disruption, Reformfreude und Innovationskraft«. Dass hinter »Disruption« die Fantasie eines radikalen Staatsumbaus bzw. Staatsabbaus zugunsten der Kapitalinteressen steht, wurde öffentlich kaum thematisiert.

Ein wichtiger Kopf der proprietaristischen Szene ist Frank Schäffler aus Ostwestfalen, Beisitzer im FDP-Bundesvorstand und bis 2025 Bundestagsabgeordneter. Er wirkt in mehreren Lobbyorganisationen der Szene und gründete 2014 die Firma Prometheus Das Freiheitsinstitut gemeinnützige GmbH. Im selben Jahr verfasste er im renommierten Handelsblatt einen »Gastbeitrag zum Klimawandel«. Darin schreibt er in typisch rechtem Duktus über angebliche »Klimahysterie« und »Klimareligion« und behauptet, die Zahl der Eisbären nehme zu. Sein Beitrag gipfelt in zynischer Überheblichkeit: »Und wird es dennoch ein wenig wärmer, dann freue ich mich über die besseren Ernteerträge, die milderen Winter und den besseren Wein« sowie in der Forderung »Schaffen wir doch alle direkten und indirekten Subventionen im Energiebereich ab und lassen wir Unternehmen und Verbraucher entscheiden, welche Energieversorgung sie wünschen.« Dass sich Schäffler von der AfD distanziert, macht seine Aussagen nicht besser, sondern nur gefährlicher, da sie aus ihrem rechten Kontext herausgelöst werden. Nichtsdestotrotz erhielt Schäffler 2024 das Bundesverdienstkreuz.

Instagram-Auftritt der Libertären Julis im April 2022. Gefordert werden u.a. das Ende der staatlichen Maßnahmen zum Infektionsschutz und ein Vorgehen gegen die Klimabewegung. Ganz oben soll ein »Info-Post« erklären, warum Hitler Sozialist gewesen sein soll. Als Symbol ist die aufgerichtete Klapperschlange der Gadsden flag zu sehen. Quelle: Screenshot Instagram

2022 bildete sich innerhalb des FDP-Jugendverbands Junge Liberale (JuLis) die Gruppe Libertäre JuLis. Seit Anfang an dabei war Max Remke. Die Libertären JuLis posteten am 4. April 2022 auf Twitter ein mit »Info-Post« versehenes Bild mit dem Schriftzug »Warum Hitler ein Sozialist war«. Die echte FDP-Jugendorganisation distanzierte sich schleunigst von dieser NS-Relativierung und untersagte den Libertären JuLis die Nutzung des Namensbestandteils »JuLis«. Diese benannten sich daraufhin in Junge Libertäre um. Der JuLi-Bundesvorstand reagierte mit einem Unvereinbarkeitsbeschluss gegenüber der Gruppe.

Seit 2023 firmieren die Jungen Libertären unter dem Namen jung.liberal.kapitalistisch (jlk) und bezeichnet sich selbst als »unabhängiger Verband […] aus dem Umfeld von FDP, JuLis und LHG«. (LHG = Liberale Hochschulgruppe). Ein Blick auf die Social-Media-Profile der Aktiven verrät die üblichen Themen der proprietaristischen Rechten, mit einem starken Hang zum Pro-Atomkraft-Aktivismus.

Kürzlich feierte jlk, dass einer der ihren, der stellvertretende Landesvorsitzende der FDP Bremen Marko Miholic, auf dem Bundesparteitag der FDP am 16. Mai 2025 als Beisitzer in den Bundesvorstand der Partei gewählt wurde.

Der extrem rechte argentinische Staatspräsident Javier Milei trat bis in die jüngste Vergangenheit mit einem Button mit dem Symbol der Students of Liberty auf – was von diesen gefeiert wird.

Schulungsstätten an den Universitäten

Trump in der USA, Merz in Deutschland, Klimaschutzmaßnahmen werden zurückgefahren, der Sozialstaat wird weiter verstümmelt. Emanzipatorische Bestrebungen, bei denen man glaubte, sie erkämpft zu haben, geraten ins rechte Kreuzfeuer und werden zurückgedreht.

Wenngleich die allgemeine politische Entwicklung ist für die jungen ProprietaristInnen günstig ist, gelingt es den Students for Liberty und Liberty Rising in Frankfurt bisher nicht, eine größere AnhängerInnenschaft zu organisieren oder gar eine Bewegungsdynamik zu entfachen. Das macht sie nicht ungefährlich. Denn es geht es ihnen gar nicht darum, eine Massenbewegung auf die Straßen bringen.

Die Gruppen dienen vielmehr zum Netzwerken, als Schulungsstätten und Propagandazentralen. Ihre AkteurInnen tragen nach ihrer »aktiven Zeit« an den Hochschulen die proprietaristische, sozialstaats- und gesellschaftsfeindliche und nicht selten sozialdarwinistische Ideologie in Unternehmen, Banken, Beratungsfirmen und Wirtschaftsverbände – also genau dorthin, wo derartige Ideologien ohnehin auf fruchtbaren Boden fallen und Einfluss in der politischen Sphäre haben.


Fanatisch für freie Märkte. Die Ideologie des Proprietarismus (1/4)

In der globalen autoritären Welle, die gerade alles zu überrollen droht und Demokratien in Diktaturen verwandelt, treiben Superreiche ihre Träume von staatsfreien Privatstädten voran. Was steckt hinter der proprietaristischen Ideologie – außer ganz viel Geld? Und warum muss dieses Milieu ein Beschäftigungsfeld für Antifaschist*innen sein? LESEN

Die Erben Hayeks. Die Hayek-Gesellschaft und der Hayek-Club Frankfurt (2/4)

Wie tief das proprietaristische Milieu in Wirtschaftsverbänden und in der Frankfurter Stadtgesellschaft verankert ist, macht der Blick in den Hayek-Club Frankfurt deutlich. Der steht politisch der FDP nahe und grenzt sich von der AfD ab. Doch führt er einen rechten Kulturkampf gegen Sozialstaat, Nachhaltigkeitspolitik, Linke und »Wokeness«. LESEN

Geschäfte mit Angst und Gold (4/4) – in Arbeit

Prophezeiungen des baldigen Systemzusammenbruchs verbunden mit Anlage-Tipps sind das Geschäft proprietaristischer Crash-Propheten. Die Atlas-Initiative mit Sitz in Frankfurt ist ein Lautsprecher dessen. Sie will den Umsturz. Dazu schmieden ihre Protagonisten Bündnisse mit Reichsbürgern, NeofaschistInnen und der rechten Verschwörungsszene.


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