Der Bademeister

Neofaschistische Reisegruppe nach Afghanistan im September 2025 – von links nach rechts: Jonathan Stumpf, Stefan Thöny, Kevin Kiessbauer, Timm Kaufmann, Mario Müller, Martin Schieck. Quelle: Instagram

Wie sich ein extrem Rechter als Journalist und Aussteiger inszeniert

Zusammenfassung des Artikels

Jonathan Stumpf ist seit vielen Jahren in der extremen Rechten aktiv. Heute gibt er sich als »Aussteiger«, »Libertärer« und unpolitischer Journalist. Doch bewegt er sich im Umfeld der neofaschistischen Identitären Bewegung (IB) und ist bestens vernetzt mit extrem rechten AkteurInnen in ganz Europa. Stumpf wohnt in Mannheim, ist allerdings häufig in Darmstadt anzutreffen, wo er im Jugendstilbad arbeitet und viel Freizeit verbringt.

Stumpf begann seine politische Laufbahn Mitte der 2000er als Neonazi in Pforzheim bei der Kameradschaft Heidnischer Sturm und beteiligte sich an mehreren Gewalttaten. Nach einer Verurteilung 2010 gab er sich als »völkischer Intellektueller« aus, veröffentlichte unter dem Pseudonym »Johannes Scharf« rassistische Bücher und propagierte ethnopluralistische Konzepte – also eine pseudointellektuelle Form des Rassismus, die kulturelle Homogenität fordert.

In den 2010er-Jahren trat Stumpf zunehmend als Publizist der sogenannten »Neuen Rechten« in Erscheinung und wurde zum Propagandisten eines »weißen Ethnonationalstaates«. Auch heute schreibt er immer wieder für das extrem rechte Magazin Krautzone und hetzt dort gegen Feminismus, Migration, Corona-Maßnahmen und »Wokeness«.

In seinem 2022 erschienenen Buch »Der Tribalolibertarismus« verbindet Stumpf klassische Vorstellungen der proprietaristischen Rechten mit dem Konzept des »Ethnopluralismus«. Vorrangiger Bezugsrahmen ist für ihn nicht der Nationalstaat. Stattdessen greift er die Vorstellung von »freien Privatstädten« des deutschen Proprietaristen Titus Gebel auf, in denen nach Stumpf ethnisch-kulturell homogene Gemeinschaften leben sollen.

Gemeinsam mit dem IB-Aktivisten Mario Müller reiste Stumpf nach Lesbos, Belarus, Libanon und in die Ukraine. Seine Berichte dieser Reisen erschienen in extrem rechten Zeitschriften wie dem Freilich-Magazin.

Von Dezember 2023 bis Mai 2024 kämpfte Stumpf als Soldat im Ukrainekrieg bei den Internationalen Legionen, die dem ukrainischen Militärgeheimdienst unterstellt sind.

Im September 2025 reiste er mit führenden IB-Mitgliedern zu den Taliban nach Afghanistan. Zweck der Reise war es, das Land propagandistisch als sicheres Reiseziel darzustellen und rassistische Abschiebediskurse zu befeuern.

Jonathan Stumpf hat mit seinen 37 Jahren bereits ein bewegtes Leben in der extremen Rechten hinter sich. Heute gibt er sich als »Aussteiger«, »Libertärer« und unpolitischer Journalist. Doch bewegt er sich im Umfeld der neofaschistischen Identitären Bewegung (IB). Im September 2025 reiste er zusammen mit führenden IB-Aktivisten zu den Taliban nach Afghanistan. Stumpf wohnt in Mannheim, doch ist er häufig in Darmstadt anzutreffen, wo er arbeitet und viel Freizeit verbringt.

Stumpf scheint sich im Darmstädter Alltags- und Nachtleben wohl zu fühlen. Was vermutlich auch daran liegt, dass er hier ein »unbeschriebenes Blatt« ist und dass ihn hier niemand als extremen Rechten erkennt. Mal geht es mit Arbeitskolleg*innen in Darmstadt in eine Bar, mal zum Karaoke. Dann singt der in den USA geborene Stumpf, der neben der deutschen auch die US-amerikanische Staatsbürgerschaft besitzt, mit breitem Südstaaten-Akzent schnulzige Country-Songs. Was ihn an Darmstadt bindet, ist sein Job als Bademeister im Darmstädter Jugendstilbad. Bilder, die Rhein-Main Rechtsaußen vorliegen, zeigen ihn dort bei der Arbeit.

In seinen Social-Media-Auftritten inszeniert sich Stumpf als Abenteurer und Weltenbummler. Seine Reiseberichte und Reportagen erscheinen in unterschiedlichen extrem rechten Medien. Er ist bestens vernetzt mit extrem rechten AkteurInnen in ganz Europa. 2024 kämpfte er als Söldner für die Ukraine. Nach eigenen Angaben ist er Mitglied der Organisation Reporter ohne Grenzen.

Vom Neonazi zum »Ethnopluralisten«

Jonathan Stumpf (rechts) auf einer Neonazi-Demonstration am 1. Mai 2009 in Ulm. © recherche nord

Seine Jugend verbrachte Jonathan Stumpf im baden-württembergischen Pforzheim. 2004, nach seinem Realschulabschluss, wurde er Mitglied der Neonazi-Kameradschaft Heidnischer Sturm Pforzheim und war bald deren Anführer. Einige Jahre lang trat er bei Neonazi-Aufzügen überall in Süddeutschland in Erscheinung. Auch vor Gewalt schreckte er nicht zurück: Im Juli 2005 griff er zusammen mit anderen Neonazis eine antifaschistische Kundgebung gegen eine NPD-Versammlung in Pforzheim an. Im Oktober 2008 beteiligte er sich an einem Überfall auf ein antifaschistisches Konzert in Pforzheim, bei dem mehrere Linke schwer verletzt wurden. Im Mai 2009 jagte er einen 15-jährigen schwarzen Jugendlichen durch Pforzheim. Für diese Tat wurde er 2010 vom Landgericht Karlsruhe zu 12 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt.

Stumpf zog nach Freiburg im Breisgau und änderte sein Image und Auftreten. Nun gab er sich als völkischer Intellektueller und Publizist. Unter dem Pseudonym »Johannes Scharf« veröffentlichte er 2011 das rassistische Buch »Sein oder Nichtsein – Gedanken über Religion und Rasse«. 2015 wurde das Werk von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien indiziert. Es folgten eine Vielzahl von Schriften, Artikeln, Gedichten und fiktionalen Werken in unterschiedlichen Medien. Darunter ist auch ein 2013 erschienener rassistischer Zukunftsroman mit dem Titel »Das Kreuz des Südens. Exodus aus Europa«.

2012 absolvierte Stumpf als US-amerikanischer Staatsbürger die Grundausbildung bei der US-Army in Volubus, Georgia. Anschließend wurde er in Vilseck in Bayern stationiert und blieb dort anderthalb Jahre Soldat. Nach einer Intervention der deutschen Sicherheitsbehörden bei der US-Army wurde Stumpf nicht für den Einsatz in Afghanistan zugelassen. Er verließ daraufhin das US-Militär und zog zum Studium nach Heidelberg.

Mit der Zeit wandte sich Stumpf zunehmend »ethnopluralistischen« Konzepten der sogenannten »Neuen Rechten« zu. Der Begriff »Ethnopluralismus« dient dort als modernisierte, intellektuell verpackte Form des Rassismus. Im Kern behauptet »Ethnopluralismus«, dass »Kulturen« eine eigene, unveränderliche Identität hätten und dass diese Identitäten getrennt voneinander erhalten bleiben müssten. Jede »ethnische Gruppe« solle in ihrem eigenen Kulturraum leben, weil das Zusammenleben verschiedener Gruppen angeblich zu Konflikten führe.

Dadurch wird die Idee einer Trennung nach Herkunft und Kultur vertreten – nicht mehr biologisch wie im klassischen Rassismus sondern kulturell begründet. Der Begriff »Kultur« ersetzt also im Grunde nur das Wort »Rasse«. Nach außen wirkt »Ethnopluralismus« tolerant, tatsächlich zielt er aber darauf ab, Migration, kulturellen Austausch und Vielfalt abzulehnen. Menschen sollen »unter sich« bleiben, was letztlich zu denselben ausgrenzenden Konsequenzen führt wie klassische völkisch-rassistische Ideologien.

Auf dem Neujahrsempfang der NPD Hessen im Jahre 2019 sprach Jonathan Stumpf über seine Vorstellungen eines »weißen Ethnonationalstaats«. Hier im Interview mit Ingo Helge, der vor wenigen Jahren von der NPD zur Partei DieBasis wechselte und seit 2024 deren »Medienbeauftragter« im Landesverband Hessen ist. Quelle: YouTube

Im Jahr 2017 veröffentliche Stumpf alias »Johannes Scharf« das Buch »Der weiße Ethnonationalstaat«. Das Buch erschien im extrem rechten Dresdener Verlag MetaPol und skizziert die Zukunftsvision eines homogenen weißen paneuropäischen Nationalstaats. 2018 gründete er den Verein Nova Europa Society e.V. (N.E.S.). Zweiter Vorsitzender war neben Stumpf Yannic Wolpert, der sich im Umfeld der Neonazi-Szene in Karlsruhe bewegte. Der Verein fungierte als Vernetzungsplattform von extrem rechten und neonazistischen Aktivisten aus ganz Europa und sollte für das Konzept eines europäischen Ethnonationalstaates werben. Der Verein organisierte mehrere Tagungen und Veranstaltungen und gab eine halbjährlich erschienene Zeitschrift heraus. Aktiv für die N.E.S. war unter anderem der extrem rechte Aktivist und Publizist Georg Immanuel Nagel, der unter anderem den österreichischen Ableger von PEGIDA mitgründete und bis zu seinem Tod 2023 für den extrem rechten österreichischen TV-Sender AUF1 arbeitete. 2023 wurde der Verein aufgelöst.

2018 hielt Stumpf einen Vortag im Rahmen einer Seminarreihe von MetaPol, in dem er abermals für sein Konzept eines »Ethnonationalstaates« warb. Er endete mit den Worten: »Meine uneingeschränkte Loyalität, gehört letztlich allein der weißen Rasse, keinem Land, keinem bestehenden Staatsgebilde dieser Welt…«

Ab 2019 begann Stumpf unter seinem Pseudonym regelmäßig für die extrem rechten Zeitschriften Tumult und COMPACT zu schreiben. In dieser Zeit wandte sich Stumpf zunehmend von der klassischen Neonazi-Szene ab, die er als »nationalistisches Spektrum« bezeichnet. Stattdessen identifizierte er ein »patriotisches Lager«, das es politisch zu unterstützen gelte. Diesem rechnet er unter anderem die Alternative für Deutschland (AfD), die Identitäre Bewegung (IB), aber auch das inzwischen umbenannte Institut für Staatspolitik zu. Trotzdem kandidierte er im Jahr 2019 für die NPD (heute Die Heimat) in Mannheim bei der Kommunalwahl für das Stadtparlament. In seiner Autobiographie bezeichnet Stumpf diese Kandidatur rückblickend als Fehler. Weiter schreibt er:

»Ich wäre auch für die AfD oder die FDP angetreten, wenn das eine Option gewesen wäre. In der NPD war ich ein liberaler Querschläger und in der FDP wäre ich der einwanderungskritische Querulant gewesen. Aus meiner Sicht macht das keinen grundlegenden Unterschied.«

Die Journalisten

Mario Müller (links) und Jonathan Stumpf (rechts) nach gewaltätigen Auseinandersetzung mit Antifaschist*innen auf der griechischen Insel Lesbos. Quelle: Instagram, X

Eine Reportage für Tumult führte Stumpf im Frühjahr 2020 auf die griechische Insel Lesbos. Vorausgegangen war ein Aufruf der Identitären Bewegung in Frankreich. Darin wurden europäische NationalistInnen und Neonazis dazu aufgefordert, Griechenland gegen Geflüchtete zu »verteidigen«, die zu diesem Zeitpunkt vermehrt auf der Insel ankamen. Begleitet wurde Stumpf vom führenden IB-Aktivisten Mario Müller, der die zu erwartenden gewalttätigen Übergriffe auf Geflüchtete für das COMPACT-Magazin begleiten sollte.

Weit kamen Stumpf und Müller bei ihrer Recherche-Reise auf Lesbos nicht. Beide gerieten in eine gewalttätige Auseinandersetzung mit griechischen Antifaschist*innen. Die Fotos von Müller und Stumpf, der eine Kopfwunde davon trägt, wurden bundesweit bekannt. Ab diesem Zeitpunk sind die beiden regelmäßig zusammen unterwegs. 2021 reisten sie gemeinsam nach Belarus und später in den Libanon.

Müller und Stumpf haben eine vergleichbare Biografie. Auch Müller war über viele Jahre in der Neonazi-Szene aktiv und bewegte sich im Umfeld der Jungen Nationaldemokraten (seit 2018 Junge Nationalisten), der Jugendorganisation der NPD und in der Kameradschaftsszene. 2013 wurde er wegen des Angriffs auf einen antifaschistischen Jugendlichen mit einem Totschläger zu einer Freiheitsstrafe von siebeneinhalb Monaten auf Bewährung verurteilt.

Später wandte sich Müller der Identitären Bewegung zu, und wurde dort zu einer Führungsfigur. Er gilt hinter dem Österreicher Martin Sellner als die „Nummer Zwei“ in der IB. Seit 2019 schreibt Müller für das COMPACT-Magazin, seit 2022 arbeitet er als wissenschaftlicher Mitarbeiter für den AfD-Bundestagsabgeordneten Jan Wenzel Schmidt. Müller nahm neben Sellner am sogenannten »Remigrations-Geheimtreffen« im November 2023 in Potsdam teil, das bundesweit für Aufsehen sorgte. Dort referierte er zum Kampf gegen Linke, die er als Hauptgegner*innen der Rechten ausmachte. In diesem Kampf sei auch Gewalt ein legitimes Mittel. In seiner Rede prahlte er damit, den Aufenthaltsort eines angeblichen deutschen Antifaschisten in Polen an »polnische erlebnisorientierte Fußballkreise« weitergegeben. Daraufhin sei es zu einem gewalttätigen Angriff auf diesen gekommen.

Der »Tribalolibertarismus«

Im Juli 2022 veröffentlichte die Pforzheimer Zeitung ein bemerkenswert unkritisches Interview mit Stumpf. Darin inszeniert er sich als Aussteiger aus der rechten Szene und überzeugten Libertären, der mit jeder Form von »Kollektivismus und Autoritarismus totalitärer Ideologien« gebrochen habe. Am Ende resümiert Stumpf:

»Damit war die Metamorphose vom Nazi zum Libertären abgeschlossen und mithin die größte Kluft des politischen Spektrums überwunden, weil nach meinem dafürhalten ein Nazi viel mehr mit einem Kommunisten gemein hat als mit einem Liberalen.«

Seitdem behauptet Stumpf regelmäßig öffentlich, aus der rechten Szene ausgestiegen zu sein.

Ausstiege aus der rechten Szene sind immer unterstützenswert und und Ausgestiegene haben zweifellos ein Recht darauf, nicht mehr aufgrund ihrer Vergangenheit beurteilt zu werden. Doch mitunter verklären ehemalige Neonazis ihre Abkehr von einem Teil der extremen Rechten und ihrer Zuwendung zu anderen rechten Gruppen als einen »Ausstieg«. Bei Stumpf verkommt die Ausstiegserzählung zu einer Farce.

Der Mitbegründer von MetaPol Pierre Dornbach alias »Peter Steinborn« diskutiert im Blog des Verlags das Buch »Der Tribalolibertarismus« von Jonathan Stumpf alias »Johannes Scharf«. Quelle: Screenshot

Kurz vor dem Interview, im Frühjahr 2022, hatte Stumpf aka »Johannes Scharf« bei MetaPol das Buch »Der Tribalolibertarismus« veröffentlicht, das sein politisches Denken deutlich macht. Die zentrale These des Buches ist, dass das gesellschaftliche Zusammenleben und die Legitimation des Staates auf einem tatsächlichen oder angenommenen Vertrag zwischen freien Individuen beruhe. Dieser Vertrag werde von Individuen geschlossen, die sich von der darin festgehaltenen Form des gesellschaftlichen Zusammenlebens mehr Vor- als Nachteile versprächen. Dementsprechend könnten die einzelnen Gesellschaftsmitglieder diesen Vertrag jederzeit einseitig aufkündigen, sobald sie darin keine individuellen Vorteile mehr sähen oder die Nachteile überwögen. Als zweite Säule seines »Tribalolibertarismus« identifiziert Stumpf den angeblichen »Stammescharakter« gesellschaftlichen Zusammenlebens. Es gäbe demnach eine Vielzahl von Ethnien, die es zu schützen gelte vor der Bedrohung einer angeblichen Masseneinwanderung oder »Vermischung«.

Stumpf verbindet in seinem Buch klassische Vorstellungen der proprietaristischen Rechten mit dem rassistischen Konzept des »Ethnopluralismus«. Vorrangiger Bezugsrahmen ist für ihn nicht der Nationalstaat. Stattdessen greift er die Vorstellung von »freien Privatstädten« des deutschen Proprietaristen Titus Gebel auf, in dem nach Stumpf ethnisch-kulturell homogene Gemeinschaften leben sollen. In Gebels »freien Privatstädten« soll der Traum vom Leben ohne staatliche Eingriffe verwirklicht werden. Alle Beziehungen, die in modernen Staaten von der öffentlichen Hand geregelt werden, wären hier privatisiert. Der Markt soll es regeln. Rhein-Main Rechtsaußen hat bereits ausführlich über das Konzept und dessen antiegalitäre, gesellschaftsfeindliche Substanz berichtet (siehe die Artikelserie »Vorwärts in die Sklaverei. Proprietarismus im Aufwind«). Bei Stumpf wird aus der »freien Privatstadt« die »freie Ethnostadt«.

Umstieg statt Ausstieg

Seit April 2022 schreibt Stumpf regelmäßig für das Magazin Krautzone. Das 2018 gegründete Magazin verbindet proprietaristische mit extrem rechten Ideologien. Im Oktober 2022 veröffentlichte Stumpf dort einen Text, in dem er seine Vorstellungen eines »Tribalolibertarismus« noch einmal skizziert. Am Ende resümiert er:

»Der Tribalolibertarismus verspricht den Menschen weder ein Paradies im Jenseits noch eines im Diesseits. Er verspricht ihnen nur einen Staat, der sie in Ruhe lässt, solange sie bei der Ausbeutung der Natur ein Mindestmaß an Vernunft walten lassen und die ethnokulturelle Identität des Gemeinwesens nicht durch Ersetzungsmigration unterminieren.«

In einem Beitrag im Mai 2025 in Krautzone schreibt er:

»In meinem Traum von der freien Republik als einer wahrhaft liberalen Demokratie gibt es keine Parteiverbote, keine Einschränkung der Meinungsfreiheit, keinen Impfzwang und keine strafbewehrte ›Beleidigung‹ oder ›Delegitimierung des Staates‹.
[…]
Volksverhetzung und Beleidigung sowie die Leugnung offenkundiger Tatsachen, von denen jeder Mensch mit einem IQ über 80 weiß, dass sie passiert sind, sollten nicht strafbar sein. Wer eine antisemitische Parole an eine Synagoge schmiert, sollte wegen Sachbeschädigung belangt werden, nicht wegen seiner (zugegebenermaßen ekelhaften) Gesinnung. Gesinnungsjustiz ist eines freien Staates unwürdig.«

In seinen Texten bei Krautzone wettert Stumpf regelmäßig gegen die Corona-Schutzmaßnahmen, gegen gendergerechte Sprache und Gleichstellungspolitik, gegen Feminist*innen, die er als »Feminazis« bezeichnet, gegen einen angeblichen »Kulturmarxismus«, gegen Linke und »Wokeness« sowie angebliche staatliche Sprechverbote. Queere Lebensweisen sind für ihn eine aktuelle Mode, die »Ausgrenzung« von Angehörigen der rechten Szene für ihn das gleiche wie die Verfolgung queerer Menschen in vergangen Jahrhunderten.

2023 erschien im rechten Ares-Verlag Stumpfs Buch »Watts-Aufruhr, Rodney King und Black Lives Matter – Rassenunruhen in den USA und die deutschsprachige Presse«. Dies war auch das Themen seiner Masterarbeit in Geschichtswissenschaft an der Universität Mannheim. In dem Buch behauptet Stumpf, dass das öffentliche Bewusstsein durch die Medien kontrolliert werde und ein »Sprachregime« die Redefreiheit gefährde. In Zeiten von »Identitätspolitik« und »Wokeness« diene der »Rassismusvorwurf« dazu, unliebsame Ansichten aus der Debatte auszuschließen.

In einem Beitrag für Krautzone vom Februar 2025 stellt Stumpf die These auf, dass Kinder mit Migrationshintergrund sowie Kinder aus einkommensschwachen Haushalten vom Bildungssystem bevorzugt würden. Gegen diese Form von »staatlicher Diskriminierung« helfe nur, Prüfungen im Blindtest-Verfahren bewerten zu lassen. Zudem fordert er darin »weniger Gleichheit um jeden Preis, dafür mehr Besenauslese und Leistungsgerechtigkeit« im Bildungssystem. So sollten nur noch die besten zehn Prozent eines Jahrgangs die Chance bekommen, im dreigliedrigen Schulsystem aufzusteigen.

Immer wieder verfasste Stumpf in den letzten Jahren Reise- und Erlebnisreportagen. Neben dem Krautzone-Magazin erscheinen diese regelmäßig im extrem rechten Freilich-Magazin aus Österreich, das der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) nahe steht. Im März 2024 erschien zudem eine Reportage Stumpfs in der Monatszeitschrift Der Eckart, die von der völkischen Österreichischen Landsmannschaft herausgegeben wird.

Die Beispiele zeigen, wie sehr Stumpf noch immer biologistischen und sozialdarwinistischen Vorstellungen anhängt. Doch verpackt er diese – wie das Beispiel des Interviews mit der Pforzheimer Zeitung zeigt durchaus erfolgreich – als freiheitliches Denken.

Söldner im Ukrainekrieg

Im Juni 2022 reisten Jonathan Stumpf (links) und Mario Müller (rechts) als Journalisten getarnt in die Ukraine und begleiteten das 49. Infanteriebataillon »Carpathian Sich«. Quelle: Instagram

Auch seine gemeinsamen Unternehmungen mit dem IB-Aktivisten Mario Müller hat Stumpf nicht aufgegeben. Im Juni 2022 reisten die beiden Aktivisten als Journalisten getarnt in die Ukraine. In der Region Charkiw begleiteten sie das 49. Infanteriebataillon »Carpathian Sich«, ursprünglich eine
paramilitärische Einheit aus Freiwilligen, die später in die reguläre ukrainische Armee integriert wurde. Gegründet, aufgebaut und kommandiert wurde das Bataillon durch Oleh Kutsyn, einem bekannten ukrainischen Militär und Mitglied der neofaschistischen Swoboda-Partei. Nach dem Ausbruch des Donbas-Kriegs 2014 scharte Kutsyn Gleichgesinnte und politische Weggefährten um sich, um auf der Seite Ukraine zu kämpfen. 2015 wurde das Bataillon in die reguläre ukrainische Armee integriert, jedoch schon 2016 wieder aufgelöst. Im Jahr 2022, nach der russischen Invasion auf die Ukraine, gründete Kutsyn das Bataillon zusammen mit ehemaligen Mitgliedern neu. Bis heute gibt es immer wieder extrem rechte Vorfälle im Bataillon, wenngleich Kutsyn kurz nach dem Besuch von Stumpf und Müller ums Leben kam.

Im Sommer 2023 reiste Stumpf erneut in die Ukraine. Dieses Mal begleitete er die Internationalen Legionen, die dem Militärgeheimdienst unterstellt sind. Dabei handelt es sich um eine reguläre Einheit aus internationalen Freiwilligen. Zudem sind den Internationalen Legionen weitere separate Freiwilligen-Einheiten unterstellt. Dazu zählten zum Beispiel das Deutsche Freiwilligenkorps, welches Verbindungen zur neonazistischen Kleinpartei Der Dritte Weg aufweist, sowie das Russische Freiwilligenkorps um den deutsch-russischen Neonazi Denis Kapustin.

Links: Jonathan Stumpf als Söldner im Ukrainekrieg. Rechts: Stumpf und zwei Aktivisten der ukrainischen neofaschistischen Organisation Tradition und Ordnung. Quelle: Instagram

Schon im Dezember des selben Jahres zieht es Stumpf abermals in die Ukraine. Dieses Mal jedoch nicht als »Journalist«. Stumpf schloss sich stattdessen den Internationalen Legionen als Soldat im Kampfeinsatz an. Seine Motivation dazu schildert Stumpf in einer seiner Reportagen offen: Abenteuerlust und die Hoffnung, seine Karriere als Schriftsteller dadurch zu befördern. Bis Mai 2024 bleibt er als Soldat im Ukrainekrieg. Dann hat er genug und kehrte zurück nach Deutschland. Seine Reportagen aus dieser Zeit erschienen bei Krautzone, im Freilich-Magazin sowie in der Allgemeinen Schweizer Militärzeitschrift (ASMZ), einer Publikation der Schweizer Offiziersgesellschaft.

Anfang September 2025 postete Stumpf ein Foto von einem Treffen mit zwei Männern in Berlin bei Instagram. Die drei wirken vertraut. Bei den beiden Männern handelt es sich um Aktivisten der faschistischen und christlich-fundamentalistischen ukrainischen Organisation Tradition und Ordnung. Die Gruppe wurde vor allem durch queerfeindliche Übergriffe und Störaktionen gegen CSDs in der Ukraine bekannt und zeigt immer wieder Nähe zum Nationalsozialismus.

Neofaschistische Klassenfahrt zu den Taliban

Jonathan Stumpf posiert auf seinen Urlaubsfotos – mal mit Flagge der Taliban und mal mit Sturmgewehr. Quelle: Instagram

Im September 2025 reisten Stumpf und Müller gemeinsam nach Afghanistan. Zehn Tage genossen die beiden einen »All-Inclusive-Abenteuer-Urlaub« inklusive lokaler Guides und Begleitschutz durch bewaffnete Taliban-Kämpfer. Sie waren nicht alleine unterwegs. Die Reisegruppe komplettierten Timm Kaufmann vom IB-nahen Filmkunstkollektiv aus Görliz, der Neonazi Martin Schieck, der für den Thüringer AfD-Politiker Björn Höcke arbeitet, der IB-Aktivist Stefan Thöny aus der Schweiz sowie Kevin Kiessbauer, IB-Aktivist und Mitglied bei der völkischen Burschenschaft Normannia Jena.

Organisiert wurde die Reise von einer Organisation mit dem Namen Zeitgeist BC. Dahinter verbirgt sich Marius Kaul aus Erftstadt (Rhein-Erft-Kreis). Kaul ist Beisitzer im Kreisvorstand der AfD im Rhein-Erft-Kreis. Auf einer Webseite bewirbt er verschiedene Reisekomplettpakete als »Afghanistan-Urlaub«. Zwischen sieben und 14 Tagen können Interessierte dort verbringen – Hotels nach »westlichem Standard« und Fahrt im Mini-Bus inklusive.

Es war nicht die erste Unternehmung dieser Art von Kaul. Seit 2018 bot die Alternative Help Association (AHA) Erlebnistouren nach Syrien an. Die AHA war ein Projekt der Identitären Bewegung, welches Migration aus Syrien aus einer rassistischen Motivation heraus verhindern wollte. Die Idee war, dass in Syrien selbst geholfen wird, sodass Geflüchtete gar nicht erst nach Europa kommen müssen. An den Syrien-Reisen der AHA nahmen in den letzten Jahren eine ganze reihe prominenter VertreterInnen der extremen Rechten teil. Darunter waren neben Mario Müller auch der Journalist Matthias Matussek, der damalige AfD-Bundestagsabgeordnete Roger Beckamp und der Organisator des »Potsdamer Geheimtreffens« Gernot Mörig. Organisiert wurden diese Reisen ebenfalls von der Zeitgeist BC und Marius Kaul. Die AHA hat ihre Aktivitäten mittlerweile eingestellt, die von Kaul betriebene Webseite zu den Syrien-Reisen ist jedoch noch immer im Netz abrufbar.

Links: Die neofaschistische Afghanistan-Reisegruppe beim Mittagessen. Rechts: Jonathan Stumpf und Stefan Thöny im Image-Video der offiziellen Touristik-Agentur Afghanistans. Quelle: Instagram

Sinn dieser »identitären« Fernreisen ist es, Syrien und Afghanistan als sichere Tourismusländer zu inszenieren, um so einen rassistisch motivierten Abschiebediskurs über afghanische oder syrische Menschen in Deutschland zu befeuern. Dies machte Mario Müller im Livestream »Raumnahme« der IB am 8. Oktober deutlich. Über 90 Minuten berichtete er dort von der Afghanistan-Tour im September und sprach fast bewundernd davon, wie es die Taliban geschafft habe, nach der erneuten Machtübernahme für Sicherheit in dem Land zu sorgen. Zudem führte er, den Prinzipien des »Ethnopluralismus« folgend aus, weshalb die kulturellen Unterschiede zwischen Afghanistan und Europa so enorm seien, und dass die Menschen aus Afghanistan, die in Deutschland vor allem als Gewaltstraftäter auffielen, besser dort aufgehoben seien.

Die Reiseangebote der Zeitgeist BC nach Syrien und Afghanistan richteten sich, so Müller, vor allem an rechte JournalistInnen, InfluencerInnen oder MandatsrägerInnen. Denn für Rechte sei es enorm wichtig, viel zu reisen, um zu verstehen, »wie vielfältig die Kulturen der Welt sind und dass es vielleicht doch ganz gut ist, wenn jede an ihrem Platz bleibt«. Deswegen achte man bei Zeitgeist BC auf eine kohärente Zusammensetzung der Reisegruppen. Es müsse politisch einfach passen. Auf die »identitäre« Afghanistan-Reisegruppe um Stumpf, Müller, Kaufmann, Schieck, Thöny und Kiessbauer trifft dies jedenfalls zu.

Auch die Taliban scheinen Gefallen an der extrem rechten Unterstützung aus Deutschland gefunden zu haben. Auf den Kanälen der offiziellen Touristik-Agentur Afghanistans lächelt die neofaschistische Reisegruppe freudig in die Kamera. Stumpfs journalistische Auswertung der Reise ist bis zum Redaktionsschluss dieses Beitrags noch nicht erschienen.