Faschismus-Vorwurf

Teilnehmende eines Aufzugs der rechten Verschwörungsszene am 19. Februar 2022 in Frankfurt. © ASVI

Große Teile der rechten Verschwörungsszene nutzen – sofern sie nicht selbst dem neonazistischen Spektrum angehören – einen Faschismus-Begriff, der von jeglichem Inhalt entleert ist und beliebig angewendet wird. Während auf Flugblättern und Plakaten von hiesigen Corona-Protesten etwa von »technokratischem Faschismus«, »Konzernfaschismus« oder »Pharmafaschismus« zu lesen ist, werden protestierende Antifaschist*innen sowie »die Antifa« wiederum als »Fußtruppen eines globalen Faschismus« bezeichnet.

Eine fundierte Definition von Faschismus findet sich nirgends. So dient der Begriff hauptsächlich dazu, eine Drastik zu beschwören und politische Gegner*innen zu diskreditieren und zu dämonisieren. Sich selbst bestätigt man gleichzeitig als WiderstandskämpferInnen. Dieselbe Form der Selbstdarstellung findet sich auch bei der in der Szene üblichen Relativierung des Nationalsozialismus.

Auffällig ist die häufige Kombination mit Feindbildern wie der »Pharmaindustrie« oder den »Konzernen«. Polemische Kampfbegriffe wie »Konzernfaschismus« legen den Fokus in sinnbildlicher Form auf die ausgemachten Sündenböcke und offenbaren ein verkürztes Problemverständnis. Die Frage nach den kapitalistischen Ursachen für teils zurecht kritisierte Fehlentwicklungen wie bspw. in der Gesundheitspolitik wird kategorisch ausgeschlossen. Eine Systemkritik kann daher nicht stattfinden.

Eine problematische Verwässerung des Faschismus-Begriffs liegt auch vor, wenn Antifaschist*innen gegen die Aufzüge der rechten Verschwörungsszene pauschale »Nazis Raus«-Sprechchöre richten.