Verfassungs­schutz­relevante Delegitimierung des Staates

Teilnehmer am »Million March« am 22. Oktober 2022 in Frankfurt. © Protest.foto Südhessen

»Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates« ist ein »Phänomenbereich« und eine Analysekategorie, die der Verfassungsschutz für Reichsbürger, Selbstverwalter und den harten Kern der Teilnehmenden an Corona-Protesten geschaffen hat. Darüber werden diese Szenen strukturell vom »Rechtsextremismus« getrennt. Diese Kategorie funktioniert im Sinne der »Extremismustheorie« und ist übertragbar auf Gruppen verschiedener politischer Spektren, die die staatliche Autorität und staatliche Maßnahmen in Frage stellen.

Die Ideologie der Reichsbürger und der rechten Verschwörungsszene wird dabei weitgehend ausgeblendet. Deren antidemokratisches Denken, Gesellschaftsfeindlichkeit und Antisemitismus werden nicht als das erkannt und bewertet, was es ist: Nämlich als ein rechter Angriff auf die Gesellschaft. Die Kategorie fußt damit nicht auf einer Analyse von Inhalten, sondern auf einer oberflächlichen Betrachtung von Strukturen.

Bezeichnend ist zudem, dass das Milieu des Proprietarismus nicht in die Kategorie der »Delegitimierung des Staates« einbezogen wird. Deren Protagonist*innen äußern sich jedoch teils offen staats- und demokratiefeindlich (z.B. Markus Krall) und sind politisch erheblich einflussreicher als beispielsweise Reichsbürger-Gruppen.

Aus einer demokratischen und emanzipatorischen Perspektive müssen Ideologien der Ungleichwertigkeit ohnehin vor dem Hintergrund be- und verurteilt werden, wie sie Gesellschaft hierarchisieren, spalten und zersetzen – und nicht im Hinblick darauf, welches Verhältnis sie zum Staat und seinen Institutionen haben.

siehe auch: Reichsbürger sind mehr als nur Staatsfeinde: Extreme Rechte beim Namen nennen!, 22. Dezember 2022