Legitimierende Wissenschaft

Demonstration der rechten Verschwörungsszene in Frankfurt am 26. März 2022. Das Auftreten in ärztlicher Berufskleidung verkörpert für viele Menschen Glaubwürdigkeit und Autorität. © ASVI

Wissenschaft hat die Aufgabe, präzises und überprüfbares Wissen zu schaffen. Wer sich auf »wissenschaftliche Erkenntnisse« berufen kann, der*die setzt sich unweigerlich ins Recht. So haben die Stimmen von Wissenschaftler*innen, die die Pandemie verharmlosen oder den Klimawandel leugnen, in der rechten Verschwörungsszene großes Gewicht. Zugleich ist die Szene wissenschaftsfeindlich: Fachwissen und Evidenz, so gesichert sie auch sind, werden umgehend in Frage gestellt, wenn sie nicht die gewünschten Aussagen treffen.

Auf mehreren verschwörungsideologischen Demonstrationen in Frankfurt bis 2022 trug eine Personengruppe in weißen Kitteln ein Transparent mit dem Symbol des Äskulapstabes und der Aufschrift »Ärzte für freie Impfentscheidung«. Schon das Auftreten in ärztlicher Berufskleidung verkörperte für viele Menschen Glaubwürdigkeit und Autorität. 

Auf den Corona-Protesten in Frankfurt sprachen mehrfach ÄrztInnen, bspw. die Frankfurterin Gynäkologin Dr. Silke Mettlin, die in den Corona-Maßnahmen eine Kindeswohlgefährdung zu erkennen glaubt. Sie gehört der Initiative Ärzte stehen auf an, die schon im Herbst 2020 die Aufhebung aller Corona-Maßnahmen forderte.

Nicht hinterfragt wird, welche Fachkompetenzen die Wissenschaftler*innen tatsächlich haben. Der Verschwörungsideologe Dr. Christian Steidl aus Münster (bei Dieburg) gilt in der Szene gleichermaßen als Experte für Pandemien, Impfungen und Klimafragen und ist häufig Redner auf rechten Veranstaltungen. Doch er hat einen Doktortitel der Naturwissenschaft und arbeitet als Biochemiker.