AfD Mainz – die Radikalisierungsspirale dreht sich weiter

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Noch immer ist die Alternative für Deutschland (AfD) bemüht, sich der Öffentlichkeit als bürgerliche und konservative Kraft zu präsentieren. Dass dies mitnichten so ist, zeigt sich unter anderem in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt Mainz, wo die AfD zu einer Sammlung für Rechte verschiedener Couleur geworden ist. Hier sind die Grenzen zwischen der Partei und der extremen Rechten bis hinein in den harten Kern der Neonaziszene faktisch aufgelöst.

Zeitgleich mit den Wahlen zum Europaparlament fanden in Mainz am 9. Juni 2024 Kommunalwahlen statt. Mit 6% für den Mainzer Stadtrat und 6,2% für das Europaparlament fuhr die AfD in Mainz deutschlandweit eines ihrer schlechtesten Ergebnisse ein. Die Gründe mögen vielfältig sein. Ganz sicher hat der Verlust des Zentrum Rheinhessen im November 2023 einen Anteil daran. Die Immobilie in Mainz-Hechtsheim diente der AfD und ihrem neofaschistischen Vorfeld als Veranstaltungs- und Vernetzungsort. Für die Räume, die ursprünglich als Autohaus genutzt wurden, gab es keine behördliche Genehmigung für Veranstaltungen, weshalb die Behörden den Treffpunkt im Januar 2024 schlossen. Schon Monate vorher hatte sich in der Mainzer Zivilgesellschaft Protest gegen die extrem rechten Treffen in der Lokalität erhoben, wodurch der Druck auf die Behörden stetig gestiegen war.

Begeisterung mochte nicht aufkommen bei der Einweihung des neuen Zentrum Rheinhessen in Ingelheim-Heidesheim am 1. August 2024. © Rhein-Main Rechtsaußen

Nach dem Entzug der Nutzungserlaubnis wurde der Mietvertrag gekündigt und das Zentrum Rheinhessen zog in den Ingelheimer Stadtteil Heidesheim um – in einen Büroraum in einem Gewerbegebiet, welcher wenig repräsentativ ist. Als die Büroräume im Juli 2024 mit einem Grillfest eingeweiht wurden, war auf den Gesichtern der Anwesenden wenig Begeisterung zu erkennen. Es wurde ein neutraler Pavillon herbeigeschafft, da nicht der Eindruck erweckt werden sollte, dass es sich bei der Feier um eine offizielle AfD-Veranstaltung handele.

Für öffentliche Veranstaltungen fehlt auch am neuen Treffpunkt die behördliche Genehmigung. So teilt es die AfD selbst mit. Dennoch führte sie im Jahr 2024 mindestens acht Veranstaltungen durch, zu denen sie öffentlich einlud. Dies belegen Social-Media-Postings. Einige dieser Versammlungen wurden als »Seminar« beworben, letztlich waren es jedoch Vorträge vor Publikum. In den Einladungen wurde nicht der genaue Ort genannt, sondern lediglich vom »Raum Mainz« geschrieben. Zum Beispiel veranstaltete am 31. Oktober 2024 Alexander Jungbluth, Abgeordneter der AfD Rheinland-Pfalz im Europaparlament, im Zentrum Rheinhessen ein »politisches Oktoberfest«. Dazu lud er im Namen der Fraktion Europa Souveräner Nationen (ESN) im Europaparlament ein, der die AfD angehört. An Jungbluths Seite posierte an diesem Tag seine Mitarbeiterin Reinhild Boßdorf, eine langjährige Aktivistin der Identitären Bewegung (IB). Der bisher letzte Vortrag im Zentrum Rheinhessen fand am 16. Januar 2025 statt.

Linkes Bild: »Politisches Oktoberfest« am 31. Oktober 2024 im Zentrum Rheinhessen in Ingelheim. V.l.n.r.; Reinhild Boßdorf, Alexander Jungbluth, Alejandra Catalina Monzon (AfD Kusel). Rechtes Bild: Vortrag von AfD-Funktionär Thomas Stephan (1.v.l. oberes Bild) am 5. September 2024 im Zentrum Rheinhessen. Neben ihm Stephan Stritter, Vorstand der AfD Mainz. Quelle: Instagram, Facebook

Unbestritten fehlten der AfD in ihrem Wahlkampf im Frühjahr 2024 die geeigneten Räumlichkeiten. So musste sie sich auf Infostände und angemietete Veranstaltungsorte beschränken, die regelmäßig Gegenprotest auf sich zogen.

Trotz des Verlustes ihres Mainzer Treffpunktes besitzt die Mainzer AfD weiterhin Strahlkraft, die ihr neue AktivistInnen zuführt. Eine wesentliche Stütze der Partei ist die Burschenschaft Germania Halle zu Mainz. Bei den Vorstandswahlen der AfD Mainz am 27. Juli 2024 war zu beobachten, dass sich ideologisch gefestigte extrem rechte Mitglieder weiter durchsetzten. Auf Social Media teilte die AfD Mainz mit, dass es nunmehr »viele neue Gesichter« im Vorstand gebe.

Ganz rechtsaußen angekommen

Ein altes Gesicht ist definitiv Sebastian Münzenmaier, der seit 2015 Vorsitzender der AfD Mainz ist und seit 2018 für die Partei im Bundestag sitzt. Der Hooligan vom 1. FC Kaiserslautern wurde 2018 vom Landgericht in Mainz wegen Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung zu einer Geld- und Bewährungstrafe verurteilt. Hintergrund war ein Überfall Kaiserslauterer Hooligans auf Fußballfans des 1. FSV Mainz 05 im Jahr 2012. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Münzenmaier beteiligte Kaiserslauterer Hooligans von einer Tankstelle abgeholt und zum Ort des Überfalls gebracht hatte.

Bereits 2013 war Münzenmaier in die AfD eingetreten, seitdem geht es für ihn in der Partei nach oben. Mittlerweile ist er stellvertretender Vorsitzender der Bundestagsfraktion und gilt als einflussreicher innerparteilicher Netzwerker. Dabei kann er sich auf seine burschenschaftliche Seilschaft verlassen, auf die er als Korporierter der Burschenschaft Germania Halle zu Mainz zurückgreifen kann.

Sebastian Münzenmaier, Vorsitzender der AfD Mainz, auf der »Alternativen Buchmesse« am 21. Oktober 2023 in Mainz-Hechtsheim. © dokunetzwerk rhein-main

Im Haus seiner Burschenschaft in der Mainzer Oberstadt, dem »Germanenhaus«, gründete er am 16. Mai 2017 mit weiteren Germania-Mitgliedern sowie dem neofaschistischen Netzwerker Philip Stein aus Dresden den Verein Deutsches Kulturerbe in Rheinhessen e.V. Über den Verein wurde 2022 die Immobilie des Zentrum Rheinhessen in Mainz-Hechtsheim angemietet, 2023 wurde der Verein in Zentrum Rheinhessen – Deutsches Kulturerbe in Rheinhessen e.V. umbenannt. Bis 2021 war in seiner Satzung vermerkt, dass bei Vereinsauflösung das gesamte Vermögen an das Institut für Staatspolitik e.V. (IfS) in Schnellroda (Sachsen-Anhalt) geht. Das mittlerweile aufgelöste IfS von Götz Kubitschek versteht sich als ein Think Tank für die extreme Rechte. Nach der Vereinsauflösung hat sich lediglich die Rechtsform und der Namen des IfS geändert, die Projekte laufen in Schnellroda nach wie vor weiter.

Philip Stein war bis 2020 stellvertretender Vorsitzender von Deutsches Kulturerbe in Rheinhessen e.V. Darüber hinaus ist er Mitglied der neonazistischen Burschenschaft Germania Marburg und betreibt den Jungeuropa-Verlag. Zusammen mit Götz Kubitschek baute Stein die Kampagnen- und Spendenplattform Ein Prozent auf, über die Geld für neofaschistische Projekte und Prozesskosten für extrem rechten AktivistInnen gesammelt wird. Im Vorstand von Ein Prozent sitzen weitere Burschenschafter, so zum Beispiel John Hoewer, der im Bundestagsbüro von Sebastian Münzenmaier beschäftigt ist. Hoewer ist korporiert bei der Burschenschaft Germania Köln sowie bei der Alten Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn. Zudem ist er Autor für Steins Verlag Jungeuropa. Als Münzenmaiers Mitarbeiter hat er Zugang zum Bundestag und zu sensiblen Informationen.

John Hoewer (mit grauer Jacke) bei der Verbands­tagung der Deutschen Burschenschaft in Eisenach am 24. Mai 2024. © dokunetzwerk rhein-main

Generell scheint Münzenmaier bei der Organisierung seines Netzwerks nach dem Motto »die Hand, die mich füttert, beißt mich nicht« vorzugehen. Bis zu seinem Einzug in das Europaparlament und den Bundesvorstand der AfD war auch Alexander Jungbluth bei Münzenmaier angestellt. Der enge Vertraute aus Nierstein bei Mainz ist ebenso Korporierter der Alten Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn sowie der Burschenschaft Germania Halle zu Mainz und hat mit Münzenmaiers Hilfe Karriere innerhalb der AfD gemacht.

Ein weiterer Mitarbeiter von Münzenmaier ist Stephan Stritter, stellvertretendes Vorstandsmitglied der AfD Mainz und eines von vier AfD-Stadtratsmitgliedern. Stritter ist in der Stadt am Rhein seit langem bekannt. Schon vor seiner aktiven Zeit bei der AfD saß er als Fraktionschef für die Rechtsaußen-Partei Die Republikaner (REP) im Stadtrat. In seiner damaligen weiteren Funktion als Bundesvizevorsitzender der REP’s bemühte er sich 2010 intensiv um eine Fusion der Partei mit der damals aufkommenden rassistischen Pro-Bewegung.

Dass Stritter auch heutzutage noch keine Berührungsängste mit extrem Rechten hat, zeigt sein Engagement im Zentrum Rheinhessen, wo er kaum eine Veranstaltung ausließ. So besuchte er zum Beispiel am 21. Oktober 2023 die »Alternative Buchmesse«, die der Verein Zentrum Rheinhessen –Deutsches Kulturerbe Rheinhessen zusammen mit dem Jungeuropa-Verlag und Ein Prozent dort veranstaltete. Sebastian Münzenmaier trat dabei als Schirmherr auf.

NS-Verherrlichung und Intrigen

Eine weitere brisante Personalie im Vorstand der AfD Mainz ist Jürgen Wiedenhöfer, der im Juni 2024 bei den Kommunalwahlen als viertes AfD-Mitglied in den Mainzer Stadtrat einzog. Wiedenhöfer ist Korporierter bei den pflichtschlagenden Studentenverbindungen Corps Thuringia Leipzig und Corps Borussia Greifswald, die beide im Verband Kösener Senioren-Convent organisiert sind.

2022 und 2023 berichtete The Kasaan Times, ein Blog aus dem Milieu studentischer Verbindungen, über eine WhatsApp-Gruppe von Korporierten des Corps Thuringia Leipzig, die seit 2015 bestanden habe. Zu Beginn hieß die Chatgruppe »Thuringia 18«, intern wurde sie »Nazi-Porno-Chat« genannt. The Kasaan Times war an die Chatinhalte gelangt und schreibt dazu:

»Es war eine Gruppe von Corpsbrüdern, die sich ausersehen hatten, Antisemitismus und Hassverbrechen, den Nationalsozialismus und Frauenverachtung zu kultivieren. Zum Teil mit perfidem, verfassungsfeindlichen Weihnachtsschmuck, zum Teil in absoluter Brutalität gegenüber den Opfern des Holocausts. Ein dreckiger und beleidigender Antisemitismus, den die Mitglieder der Chatgruppe über Jahre täglich pflegten. Man wundert sich nur, welche bekannten Persönlichkeiten hier mitspielten. Zahllose Mitglieder der Thuringia und explizit der Chatgruppe sind Rechtsanwälte, Juristen, Ärzte und andere hoch studierte Mitglieder in der Gesellschaft.«

»„Unsere liebe Thuringia“- ein weiteres Beispiel im Fahrwasser der Burschenschaften und Corps«, The Kasaan Times, 4. November 2023

Unter anderem sollen Bilder mit SS-Männern auf Panzern in Stalingrad zu sehen gewesen sein, darunter der Spruch »Das letzte mal als Deutsche einen Diesel stehen lassen mussten«. Oder Bilder von der Wehrmacht mit dem Kommentar »Der Deutsche rutscht nicht ins neue Jahr, sondern marschiert«.

Der vierköpfigen Mainzer Stadtratsfraktion gehören an (v.l.n.r.): Jürgen Wiedenhöfer, Stephan Stritter, Lothar Mehlhose, Arne Kuster. Lothar Mehlhose war bis 2024 Vorsitzender des Altherrenverbands der Burschenschaft Germania Halle zu Mainz e.V.

Im Frühjahr 2024 meldete dann die Aktivitas des CorpsThuringia Leipzig, dass sie keinen Zugriff mehr auf ihr Verbindungshaus haben. Als »Aktivitas« wird der aktuell studierende Teil der Verbindung bezeichnet. Wie bei nahezu allen Verbindungs- oder auch Burschenhäusern gehört das Haus einem Hausverein, in dem vor allem die »Alten Herren« der Verbindung sitzen, die ihre Verbindung finanziell fördern. Auch Wiedenhöfer ist Mitglied des Hausvereins. Intern schloss er sich mit vier weiteren »Alten Herren« zusammen. Dieser Kreis führte im Jahr 2023 zwei Mitgliederversammlungen durch, über welche die anderen Mitglieder nicht in Kenntnis gesetzt wurden. Interne Dokumente, die die Autonome Antifa Freiburg veröffentlichte, legen offen, dass auf diesen Versammlungen die abwesenden Mitglieder kurzerhand aus dem Verein ausgeschlossen wurden. Nachdem sich der neue Vorstand beim Amtsgericht Leipzig eintragen ließ, übernahm er de facto das Verbindungshaus. Die Aktivitas wurde rausgeworfen, Schlösser ausgetauscht und neue Corps-fremde Mitglieder aufgenommen. Mittlerweile klagen alle gegen alle.

Wiedenhöfer sucht immer wieder die Nähe zur Burschenschaft Germania Halle zu Mainz. So nahm er am 26. Oktober 2024 an einer sogenannten »Semesterantrittskneipe« im »Germanenhaus« teil. Dass in der rheinland-pfälzischen AfD nichts ohne das Burschen-Netzwerk geht, weiß Wiedenhöfer genau.

Zu rechts für die Junge Alternative, gut genug für die AfD Mainz

In der Pressemitteilung nach der Wahl des neuen Vorstands am 27. Juli 2024 schrieb die AfD Mainz von einem »stark verjüngten« neuen Vorstand. Zur Verjüngung tragen maßgeblich die Neofaschisten Benjamin Steiner und Jan Richard Behr bei. Steiner ist dritter stellvertretender Vorsitzender der Mainzer AfD, Behr stellvertretender Schatzmeister.

Benjamin Steiner (2.v.r. am Transparent) bei einer Kundgebung der Jungen Alternative für Deutschland und der Identitären Bewegung am 2. Juni 2024 in Mannheim. Nach der Attacke gegen den Rassisten Michael Stürzenberger und einen Polizisten, der dabei getötet wurde, hatten rechte Gruppen die Tat instrumentalisiert. © dokunetzwerk rhein-main

Einige Wochen vor der Wahl hatten beide vergebens für den Vorstand der Jungen Alternative für Deutschland (JA) in Rheinland-Pfalz kandidiert. Wie es aus internen Kreisen heißt, hatten sich die beiden für eine Aufnahme von Mitgliedern der neonazistischen Gruppe Revolte Rheinland in die JA eingesetzt. Doch seien ihre extrem rechten Positionen nicht bei allen gut angekommen, was dazu geführt habe, dass sie bei der JA-Vorstandswahl nicht die erforderlichen Stimmen erhielten. Dies bedeutet nicht, dass die AfD-Jugend in dem Bundesland in irgendeiner Art und Weise gemäßigt ist. Sie verfolgt lediglich die Strategie nach außen gemäßigt aufzutreten, um anschlussfähiger zu sein. Intern sprechen sie genauso von »Remigration«, was ein Euphemismus für »Massenvertreibung« ist.

Steiner und Behr durchliefen die Ideologie-Schule des ehemaligen Instituts für Staatspolitik in Schnellroda. Die Nähe zu der mittlerweile aufgelösten Revolte Rheinland als Struktur der Identitären Bewegung (IB) kommt bei ihnen nicht von ungefähr. So hat sich mindestens Steiner in der IB politisch sozialisiert. Über die Verflechtungen zwischen AfD, JA und der IB im Rhein-Main-Gebiet und insbesondere in Mainz hat Rhein-Main Rechtsaußen bereits im Frühjahr 2024 ausführlich berichtet (»Von der Identitären Bewegung in die AfD«, 18.04.2024).

Auf einer im Dezember 2023 erstellten »Unvereinbarkeitsliste« der AfD sind explizit für den Landesverband Rheinland-Pfalz Revolte Rheinland und Identitäre Bewegung aufgeführt. Die Mainzer AfD kümmert dies nicht. Sicherlich förderlich war auch für Steiner und Behr ihre Anbindung an die Burschenschaft Germania Halle zu Mainz ­– Steiner ist dort korporiert und Behr zählt zum engen Umfeld.

Jan Richard Behr (2.v.l.) bei einer Schulung in Schnellroda (»Sommerakademie«) am 3. und 4. September 2022, zusammen mit Götz Kubitschek, dem Vordenker des Instituts für Staatspolitik (rechts), Anna Leisten vom Bundesvorstand der Jungen Alternative für Deutschland (2.v.r.) und Martin Sellner, dem Anführer der Identitären Bewegung in Österreich (vorne). © Objektiv Ost

Behr zog vor zwei Jahren für ein Masterstudium von Dresden nach Mainz. In Dresden war er Vorsitzender der JA und Schatzmeister im Landesverband Sachsen gewesen. Der Ostverband pflegt besonders intensive Kontakte zur Identitären Bewegung und zum neonazistischen Milieu. Behr gilt innerhalb der JA-Strukturen als gut vernetzt und taucht in ganz Deutschland auf JA-Veranstaltungen auf. So nahm er im August 2023 an einem Sommerfest der JA Brandenburg in Gardelegen (Sachsen-Anhalt) teil, Bilder zeigen ihn dort zusammen mit deutschen und österreichischen IB-Aktivisten. Zuletzt besuchte er am 1. Februar 2025 den JA-Bundeskongress in Apolda (Thüringen). Auch schreibt Behr Artikel für das österreichische IB-Medienprojekt Heimatkurier.

Es kommt zusammen, was zusammengehört

Welche Wirkung dieses Personal auf junge AfD-Angehörige hat, lässt sich am Beispiel von Jamie Plaumann veranschaulichen. Plaumann wohnt im Großraum Frankenthal in Rheinland-Pfalz und ist 18 Jahre alt. In der AfD ist er mindestens schon seit drei Jahren aktiv. 2024 übernahm er vermehrt organisatorische Aufgaben bei Veranstaltungen der Partei, z.B. als Ordner, und ist demzufolge in die Strukturen eingebunden.

Jamie Plaumann auf der »Alternativen Buchmesse« am 21. Oktober 2023 in Mainz-Hechtsheim. © dokunetzwerk rhein-main

In der Hochphase des Zentrum Rheinhessen 2023 war er oft auf Veranstaltungen und bei Vernetzungstreffen dabei. So zum Beispiel bei einem Treffen der antifeministischen Initiative Lukreta am 11. März 2023 oder bei der sogenannten »Alternativen Buchmesse« am 21. Oktober 2023. Dort kam
er mit dem neofaschistischen Vorfeld der AfD zusammen, die besonders auf junge Rechte einen starken ideologischen Einfluss ausüben – AkteurInnen mit denen er sich in der Folge vernetzte und die ihn zu Demonstrationen einladen und mitnehmen. So geschehen am 29. Juli 2023, als er mit AktivistInnen der neonazistischen Gruppe Revolte Rheinland zu einem Aufzug der IB nach Wien reiste. Weitere Fotos, die der Redaktion vorliegen, zeigen ihn auf einer »Sommersonnenwendfeier« der saarländischen JA 2023 oder zusammen mit Jan Richard Behr auf einer Wanderung in Thüringen mit der dortigen JA.

Jamie Plaumann (links vorne) auf einer Sonnenwendfeier der JA Saarland am 24. Juni 2023. Er und andere zeigen die rassistische »White-Power-Geste«. Mit dabei: Nicolas Benyouncef (4.v.l.) und Timm Brenner (2.v.l.) von der Burschenschaft Ghibellinia zu Prag in Saarbrücken. Quelle: Instagram

Jedoch finden solche Aktionen recht unregelmäßig statt und sind mit einer Reisetätigkeit verbunden. Junge Neonazis brauchen hingegen Strukturen vor Ort, die ihr Bedürfnis nach Zugehörigkeit und Aktivismus bedienen. Da kann die AfD in der Region nur wenig bieten – dafür aber die Neonazipartei Der III. Weg. Spätestens seit 2024 bewegt sich Plaumann in der Pfalz in deren Strukturen. Fotos zeigen ihn auf gestellten Propagandabildern, so hält er auf einem im Januar 2024 veröffentlichten Foto
mit weiteren Neonazis ein Transparent mit der Aufschrift »Kampf der Rotfront« und großen Der III. Weg-Logos. Im März 2024 nahm er an einer Wanderung mit Aktivisten von Der III. Weg teil. Am 20. April 2024 besuchte er einen Vortrags- und Liederabend im Der III. Weg-Stützpunkt in Hilchenbach (bei Siegen). Im selben Zeitraum war er weiterhin regelmäßig bei AfD-Veranstaltungen anzutreffen.

Linkes Bild: Jamie Plaumann (Mitte) am Transparent der Neonazipartei Der III. Weg. Rechtes Bild: Plaumann (2.v.r.) auf dem Weg zu einem Vortrags- und Liederabend von Der III. Weg in Hilchenbach am 20. April 2024. Quelle: Instagram, © dokunetzwerk rhein-main

Neofaschistische Vernetzung unter dem Dach der Partei

Die AfD ist im Raum Mainz die führende und verbindende Kraft der extremen Rechten. Sie ist das Zentrum eines Netzwerks, in dem Burschenschafter und erlebnishungrige Neonazis arbeitsteilig zusammenwirken. Gruppen wie Der III. Weg bieten Ideologieschulung, Kampfsport, Wanderungen und Musik-Events als essenzielle Bestandteile neonazistischer Lebenswelt. Burschenhäuser dienen als Vernetzungsorte fernab der Öffentlichkeit und sind zugleich Anschlussstellen in bürgerliche bis großbürgerliche Milieus. Die Parteistruktur der AfD ist indes für die parlamentarische Arbeit zuständig und dafür, mit ihrer Propagandamaschinerie das politische Klima in diesem Land stetig weiter zu vergiften und nach rechts zu verschieben. Gerade den Burschenschaftern bietet die Partei Mandate und Jobs, sei es im Landtag, im Bundestag oder in Unternehmen, die von der Partei mit Aufträgen bedacht werden. Dass offensichtliche Neonazis über ihre Arbeit in den Parlamenten an sensible und vertrauliche Informationen gelangen, ist höchst gefährlich.

Sogenannte »gemäßigte« Kräfte haben in der AfD in Mainz längst keinen Einfluss mehr.